Familienforschung / Geschichte

 

Die landesherrlichen Behörden im Fürstentum Schwarzburg Rudolstadt im  17. und  18. Jahrhundert [i]

An der Schwelle vom hohen Mittelalter zur frühen Neuzeit beginnt sich die Territorial- oder Landesherrschaft in den deutschen Fürstentümern auszubilden. In den Grenzen ihrer Territorien setzen die Landesherren öffentliche Sicherheit und Rechtsfrieden durch (Ächtung der Fehde des Mittelalters). Wirtschaftliches Handeln wird so berechenbar. Hieraus bezieht der moderne Staat seine Legitimation. Dazu werden Behörden zur Verwaltung des Staates aufgebaut.

Im Sinne des oben Gesagten werden auch in den schwarzburgischen Landen Behörden zur Verwaltung des sich formierenden Staatswesens gebildet. Stichworte: Schreibstube, Kammer-Expedition, Kammerkollegium, Kammerorganisation, Geheimer Rat, bürgerliche Juristen, Adelsdynastien.

Seit 1570 richtete Graf Wilhelm für seine Herrschaft Frankenhausen dort eine Zentralverwaltung nach dem Muster von Rudolstadt ein. Die Landesverwaltung wurde mit 4 Räten einer Kanzlei übertragen, der ein Kanzler vorstand. Die Kanzlei bildete zusammen mit einigen Geistlichen das Konsistorium, also die Behörde für kirchliche Verwaltung und Schulangelegenheiten. Daneben bestand die Rentnerei, also die Finanzbehörde.

Nach dem Tod des erbenlosen Frankenhäuser Grafen  erwarb 1599 der Rudolstädter Graf die so genannte Unterherrschaft. Er ließ die Frankenhäuser Zentralverwaltung neben der Rudolstädter weiterbestehen [ii] . Die Rentnerei wurde aber spätestens seit 1607 unmittelbar zuerst noch durch die Rudolstädter Regierung und später durch die Kammer wahrgenommen. Hieran änderte sich bis Ende des 18. Jahrhunderts nichts.

Von Mitte des 17. Jahrhunderts bis Mitte des 18. Jahrhunderts, also für ein Jahrhundert,  waren die Kanzleien also getrennt und unterstanden gleichberechtigt nebeneinander direkt den Rudolstädter Grafen, wobei das politische Schwergewicht aber eindeutig bei der Rudolstädter Kanzlei lag. Häufig wurden Kanzler der Frankenhäuser Zentralverwaltung nach einer Vakanz in Rudolstadt in das dortige Kanzleramt berufen. Insofern kann Frankenhausen als eine Art Vorbereitungsstufe auf höhere Verantwortung im Staatsdienst angesehen werden.

Die Regierung in Rudolstadt bestand im 17. Jahrhundert nur aus dem Kanzler und 2-3 Hofräten. Allerdings wurde seit der Mitte des 17. Jahrhunderts die Schreibstube ausgebaut, nämlich außer Kanzleiregistrator, Kanzleischreiber und Kanzleikopist nun um Kanzleisekretär,  und zweiten Sekretär, der vor allem Rentnereisachen bearbeitete. Neben dem Rentmeister/Rentnereiverwalter erscheint auch ein Kammerschreiber. Zweiter Sekretär und Kammerschreiber wurden seit 1662 durch  einen Rentsekretär ersetzt und um den Rentschreiber ergänzt. Um 1700 löste sich die Rentnerei allmählich aus der Schreibstube der Regierung. Sie sollte im Laufe des 18. Jahrhunderts zur zweitwichtigsten Behörde nach der Regierung [iii] werden. Für  Frankenhausen bestand eine Dependence, die sogen. Kammer-Expedition, die vornehmlich Aufgaben für die Kammergüter und Forste wahrnahm.

Mit der Berufung von Georg Ulrich von Beulwitz 1692 zum Kanzleidirektor von  Frankenhausen endete die Zeit bürgerlicher Juristen an der Spitze des Rudolstädter Staatswesens [iv] . Er wurde 1702 zum Kanzler von Rudolstadt berufen und gestaltete in den Jahre 1707 - 1724 die Rudolstädter Zentralbehörden im Sinne des Absolutismus um.

Ca. 1660 wurde ein  Kammerkollegium für die Leitung des Landesherrlichen Vermögens (Grundherrliche Einkünfte, Domänen, Forste, Regalien, insbesondere Bergwesen.) eingerichtet und 1707 dann mit Kammerdirektor und Kammerprokurator im Range eines Hof- und Kammerrates besetzt. Seitdem war die Kammer eine neben der Regierung stehende kollegial besetzte Landesbehörde. Seit 1710 gehörte dazu auch ein Bergrat. Im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts wurde die Kammer verstärkt ausgebaut und wurde auch in Abteilungen untergliedert. Neben der Rentnerei gab es bereits etwas früher eine Steuerkasse, die im 17. Jahrhundert  noch von der Regierung verantwortet wurde. Sie wurde dann Anfang des 18. Jahrhunderts - wohl zusammen mit gewachsenen Aufgaben - in ein Steuerkollegium mit Direktor und Räten überführt.

Damit war unter dem Fürsten Ludwig Friedrich (1710 - 1718) die Rudolstädter Zentralverwaltung in Regierung, Konsistorium, Kammer und Steuerkollegium gegliedert. Daneben bestanden weiter in direkter Unterstellung die Frankenhäuser Kanzlei und das dortige Konsistorium. Siehe schematische Darstellung.

Eine wesentliche Neuerung trat 1712 ein, als ein Geheimes Ratskollegium eingerichtet wurde, dem die aus der Regierung herausgelöste Außenpolitik und die Hausangelegenheiten übertragen wurden. Dieses kleine Gremium wurde zu Beginn durch den nun Geheimen Rat von Beulwitz und dessen Sohn dominiert. In der Folge entwickelte es sich unter den beiden Nachfolgern des ersten Fürsten zur Hauptschaltstelle für die Regierungsgeschäfte.

Die dem Geheimen Ratskollegium angehörenden Mitglieder in den ersten Regierungsjahren von Ludwig Günther II. (1767 -1790), [v] waren u.a. Carl Gerth von Kethelhodt, der 1770 Direktor der Frankenhausen Regierung wurde, und Geheimrat von Holleben, die alles bestimmende Gestalt in der Rudolstädter  Regierung, u.a. 1771 auch Kammerpräsident. Bald lagen alle wesentlichen Ämter in seiner Hand, nämlich die drei Landeskollegien Regierung, Kammer und das Steuerkollegium. Alle Macht lag also in den Händen weniger Männer. Dies waren bis Ende des 18. Jahrhunderts die Dynastien der von Hollebens, von Kethelhodts und von Beulwitz.  Seit 1785 stand Carl Gerth von Kethelhodt an der Spitze sämtlicher Ämter des Fürstentums. Ulrich Hess nennt ihn den bedeutendsten Vertreter des aufgeklärten Absolutismus unter der Rudolstädter Beamtenschaft. Neben diesen adeligen Familien wurde 1785 Johann Friedrich Schwarz der wichtigste Mann nach dem Kanzler. Seit 1790 leitete er auch die Kammer. Auch dieser einzige Bürgerliche in der Regierung zog seinen Sohn in diese Polit-Oligarchie nach.

Carl Gerth von Kethelhodt zog sich seit 1807 immer stärker aus der Tagesarbeit zurück. Denn auf seinen Schultern lagen nun die diplomatischen Verhandlungen, die zum Rheinbund-Beitritt führten und so die Souveränität des Staates garantierten. 1813 vollzog auch er dann auch den notwendigen Schwenk zur Allianz gegen Napoleon.

Was die Kammer betrifft, wurde 1741 [vi] ein Kammerdirektor eingesetzt, der gleichzeitig auch Direktor des Steuerkollegiums war.

Irgendwo in diesem Umfeld von Rentnerei und Kammer muss Johann Andreas Teuthorn (1718-1788) gewirkt haben,  wahrscheinlich direkt in Frankenhausen im Bereich der Kammer-Expedition Frankenhausen mit direkter Verantwortung nach Rudolstadt.

„Den wirklichen Vorsitz in der Kammer scheint aber Christian Albrecht Günther von Brockenburg geführt zu haben, der 1762 als Assessor in die Kammer eintrat und 1786 zum Geheimen Kammerrat ernannt wurde.“ Die Aufgaben der Kammer änderten sich auch Ende des 18. Jahrhunderts nicht. „Sie blieb die obere Behörde für die Verwaltung des grundherrlichen Vermögens des Landesherrn und der Regalien, und immer deutlicher dominierte innerhalb ihres Aufgabengebietes die Forstverwaltung.“ Dies wird u.a. auch dadurch deutliche, dass die Kammerzentralkasse zweigeteilt war, nämlich in Kammerkasse und Kredit-, Floß- und Generalforstkasse mit jeweils getrennter Rechnungsführung. Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Zuständigkeit der Kammer auf Rudolstadt eingeschränkt

Innerhalb der Kammerorganisation waren die Finanzaufgaben für Frankenhausen  schon bisher durch die Kammer-Expedition zu Frankenhausen selbständig wahrgenommen worden. „Sie bildete eine Mittelbehörde für die Unterherrschaft auf dem Gebiet der Kammerguts-, und der Forstverwaltung und war unabhängig von den Frankenhäuser Landeskollegien.“  1796 wurde die Unterstellung unter die Rudolstädter Kammer dann aufgehoben. Nur die Überschüsse mussten abgeliefert werden. Seit 1799 wurde sie unter der Bezeichnung „Rent- und Forstdepartment Frankenhausen“ weitergeführt.

1798 wurden das inzwischen entstandene Waisenhauskollegium, das Almosenkollegium und das Polizeikollegium [vii] zu einer Behörde verbunden. Dem Steuerkollegium unterstand auch das Zuchthaus.

Ab 1806 bahnte sich für Frankenhausen eine Unterstellung von Regierung und Konsistorium unter die entsprechenden Behörden von Rudolstadt an. 1809 wurde die Regierung Frankenhausen aufgehoben, das Konsistorium wurde 1810 in die von Rudolstadt ausgehende „Kircheninspektion zu Frankenhausen“ umgewandelt.

Am 8. Januar 1816 erhält das Fürstentum Schwarzburg Rudolstadt  die in der Bundesakte vorgesehene Verfassung.

Peter Teuthorn, Jan. 2003



[i] Diese Darstellung stützt sich im Wesentlichen auf Ulrich Hess: Geschichte der Staatsbehörden in Schwarzburg-Rudolstadt. Zur Veröffentlichung vorbereitet und herausgegeben von Peter Langhof, in Veröffentlichungen der historischen Kommission für Thüringen. Große Reihe, Bd. 2, S, 11-19 u. 28-36.

[ii] Allerdings war diese während des 17. Jahrhunderts zeitweise mit der Rudolstädter verbunden.

[iii] Begriff ist nicht im heutigen Sinne, sondern als Behördenbezeichnung zu verstehen.

[iv]   siehe auch VL Jahns „Sozialgeschichte“ zur Konkurrenz Bürger : Adeliger hinsichtlich akademischer Laufbahnen.

[v] Siehe Ulrich Hess  S. 28.

[vi] Christoph Leopold von Hertenberg

[vii] Polizei (Policey) im Sinne des damals gültigen Begriffs für die gute Ordnung des Gemeinwesens im Sinne gemeiner Wohlfahrt.

   
             
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