Die „Innung der Barbiere und Chirurgen“ in Frankenhausen |
Obwohl in Frankenhausen Barbiere schon früher tätig gewesen waren, wurde
eine „Innung der Barbiere und Chirurgen“ erst am 24.8.1702 durch ein Privileg
des Grafen Albert Anton von Schwarzburg-Rudolstadt bestätigt. Die überschaubare
Stadtgröße (um 1800 = 3500 Einwohner) und die sehr kleine Landesherrschaft
waren wohl der Grund für eine untypisch enge Verknüpfung der Geschäfte
von Badern, Barbieren, Chirurgen und Perückenmachern. Diese vier Berufe
stellt Ulrich Hahnemann deshalb in seiner Darstellung aus der Geschichte
alter Frankenhäuser Handwerks- und Gewerbezweige auch gemeinsam dar.
[1] Ausdrücklich wurden im landesherrlichen Privileg auch
die Bader als Mitglieder der Innung erwähnt, die ihren Sitz zwar in Frankenhausen
hatte, aber anfangs die gesamte Unterherrschaft umfasste.
Der fünfte Innungsartikel bestimmte, zwei „Älteste“ aus dem Kreis der
Innungsmeister zu wählen, denen es neben den üblichen Aufgaben in der
Selbstverwaltung der Innung auch oblag, zu prüfen, wie die Innungsmitglieder
„zu Hause mit Medicamenten und Instrumenten versehen seyen.“ Hier müssen
wohl die äußerlich anzuwendenden sogenannten Wundarzneien gemeint gewesen
sein, im Gegensatz zu den „Leibarzneien“ [2] , den Medikamenten für die innere
Anwendung, die die akademischen Ärzte („Leibärzte“) ausschließlich für
sich beanspruchten.
Nach 3 Jahren Lehrzeit war ab 1739 eine 3-jährige Wanderzeit vorgeschrieben,
mit Tätigkeiten in Städten und im Felde (Feldscher). Artikel 14 forderte
den Meister auf, solchen Lehrjungen aufzunehmen, welcher „etwas Latein
erlernet“ habe, damit er „in Büchern desto besser nachlesen, und zu dieser
Barbier-Kunst sich geschickt machen könne [...]“.
“Zu einem kleinen Teil stand ihnen auch die Anfertigung von Medikamenten,
Salben und Pflastern zu [...]. Jedoch hatten sie bei erkennbar schwerer
Erkrankung ihren Patienten an einen studierten Medicus zu verweisen.“
[3]
Im Zuge der Neufassung der Innungsartikel am 1.10.1739 wurden für Frankenhausen
5 Barbiere, 1 Bader und 5 Perückenmacher genannt. Bereits im ersten Drittel
des 19. Jahrhunderts war der wirtschaftliche Raum für die Barbiere in
Frankenhausen aber sehr eingeengt worden. Dazu trugen nach U. Hahnemann
das 1799 eröffnete Krankenhaus, die Genehmigung einer weiteren Apotheke
und in Bezug auf die heutigen Frisierarbeiten die Konkurrenz der Perückenmacher
bei. Diesen war mit der Änderung der Haarmode nach der französischen Revolution
eine wesentliche Geschäftsbasis weggebrochen, so dass sie jetzt mehr auf
das Frisieren angewiesen waren. So war den Barbieren auf ärztlichem Gebiet
nur noch das Feld einfacher wundärztlicher Versorgung geblieben. Der größte
Einschnitt kam aber 1836 als sie durch ein neues Gesetz zur Ausbildung
der Lehrlinge in den „chirurgischen Innungen“ des Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt
zur Enscheidung gezwungen wurden, sich entweder der Chirurgie oder dem
Friseurhandwerk zuzuwenden
[4] .
Mit den vorstehenden Feststellungen bin ich in weiten Teilen U. Hahnemanns
Darstellung (siehe Fußnote xxii) gefolgt.
Kapitel 3 von Chirurgen & Barbiere (Peter Teuthorn August 2003)
Der gesamte Artikel ist als pdf-Datei verfügbar. |
[1] Hahnemann, Ulrich: Aus der Geschichte alter Frankenhäuser Handwerks- und Gewerbezweige, 6. Teil: Bader, Barbiere, Chirurgen und Perückenmacher, in Frankenhäuser Wochenblatt, Nr. 17 und 18/1999 unter der Rubrik Beiträge aus dem Kreisheimatmuseum.
[2] Auf diese Bezeichnungen weist der Artikel „Therapieformen in früher Neuzeit und Spätmittelalter“ auf der Website der Universität Wien hin: http://www.univie.ac.at/sozialgeschichte-medizin/propst/doc/therapie.html, besucht am 3.8.2003. Es handelt sich um eine Abhandlung anlässlich der Sonderausstellung 2002, 7. Juni bis 31. Oktober 2002 „Des Propstes heilkundlicher Schatz - Medizin im Spiegel der Diözesanbibliothek St.Pölten“
[3] Hahnemann, 17/99.
[4] Hahnemann 18/99: Das Friseurhandwerk entwickelte sich in der Weise, dass ehemalige Barbiere Herrenfriseure, ehemalige Perückenmacher aber Damenfriseure wurden.
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