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Die Hessischen Teuthorns – Eine Amtmannfamilie in der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt des 18. Jahrhunderts

Der  geographisch-politische Raum

Es ist mühselig, sich von den Verhältnissen im Hessen des 18. Jahrhunderts ein Bild zu machen. Dennoch kommt man nicht darum herum. Geographische Räume sind nun einmal der Hintergrund vor dem Menschen handeln und politische, soziale und kulturelle Gegebenheiten sind der Rahmen in dem sie sich entfalten können oder der sie begrenzt.

Zerrissen und doch wieder zusammengefügt wie ein übergroßer Fleckenteppich, so stellt sich das Land  zu dieser Zeit dar. Schuld an diesem Zustand ist das noch im 16. Jahrhundert angewandte mittelalterliche Erbrecht. Es führte im Jahre 1567 nach dem Tode des Landgrafen Philipp I. zu einer Teilung des Landes unter seine vier Söhne. Das Aussterben zweier Linien – zuletzt von Hessen-Marburg – hatte jahrzehntelange kräftezehrende kriegerische Auseinandersetzungen zur Folge. Erst mit Ende des 30jährigen Krieges hatten die übriggebliebenen Landgrafschaften Hessen-Kassel [1] und Hessen-Darmstadt zu einem Status  gefunden, der mit nur geringen Veränderungen für die nächsten 200 Jahre Bestand hatte. Hessen-Darmstadt bestand nun aus acht nicht miteinander verbundenen Landesteilen.  An den Grenzen beider Landgrafschaften waren Zollstationen [2] eingerichtet worden. Dennoch scheinen sich die Beeinträchtigungen des Verkehrs zwischen den einzelnen Territorien in Grenzen gehalten zu haben. [3]

Dies ist der geographische Rahmen in dem die hessischen Mitglieder der Familie Teuthorn über zwar nur zwei Generationen, aber doch für etwa ein  Jahrhundert, in den Funktionen  Geistlicher, Gelehrter und  bürgerlicher Amtmann – also als Obrigkeit und in Fürstennähe - eine Rolle spielten. 


Amtmann Caspar Christian Teuthorn (1689-1772) in Vöhl

Caspar Christian Teuthorn, Amtmann zu Vöhl, dem Hauptort der Hessisch Darmstädter Herrschaft Itter, ist ein Landesfremder. Er wurde um den 1.5.1689 geboren. Sein direktes Herkommen war bis auf eine Immatrikulation an der Universität Jena aus dem Jahr 1711[4] bisher nicht mit einem Ort und weiteren Details zu belegen[5]. Gleichwohl ist uns auch ohne solches Detailwissen dank Friedrich Wilhelm Strieders "Grundlage zu einer hessischen Gelehrten- und Schriftstellerge­schichte", in der zwei seiner Söhne erwähnt werden, die Quali­tät seiner Ausbildung und seine Kompetenz bekannt. Denn"Seine Vorväter stammten eigentlich aus Frankenhausen im Fürstenthum Schwarzenburg-Rudolstadt, wo sie obrigkeitliche Aemter bekleideten. [...], nachdem er zwey Grafen als Hof­meister auf Universitäten geführt und hernach eine Reise mit durch Holland, Brabant, Frankreich und England gemacht, erhielt [er] den Ruf als Amtmann nach genanntem Voehl, von da er im J. 1740 in gleicher Beschaffenheit nach Biedenkopf versetzt wurde." [6] Bei den erwähnten  Grafen kann es sich nur um die Hessen-Kasseler Carl Friedrich und Wilhelm Ludwig von Freyen Seyboltstorff handeln. [7] Aus der Tatsache, dass er sich zusammen mit ihnen im August 1726 an der Universität Gießen einschrieb, ergibt sich, dass er seine eigene Ausbildung selbstverständ­lich davor, eher wohl um 1720 abgeschlossen haben muss.

Was Karl Kroeschell in seinem aktuellen Aufsatz zu Vorbildung des Amtmannes und dem Erlangen eines Amtes ausführt, dafür ist diese Lebensphase des Caspar Christians ein guter Praxisbeleg. "Die landesherrlichen Amtmänner [...] mussten die untere der beiden staatlichen Richterprüfungen, das Auditorexamen, ablegen. Doch war dies von Territorium zu Territorium verschieden; oft verließ sich der Dienstherr auf Empfehlungen, Studienzeugnisse oder auf den persönlichen Eindruck.. [...] Nicht selten trat der junge Jurist zunächst als Hauslehrer in den Dienst eines adeligen Herrn, dessen Sohn er dann als Hofmeister an die Universität begleitete, um seine Studien zu beaufsichtigen und die Kasse zu verwalten. Die Anstellung als Amtmann war dann der nächste Schritt." [8]

Zu den Frankenhäuser Vorfahren Caspar Christians verweise ich auf meine Anmerkung[9]. Nun aber zunächst nach Vöhl und in die Herrschaft Itter!

Die von der Eder durchflossene Herrschaft Itter ist die nördlichste Enklave Hessen-Darmstadts. Denn eingebettet in das Fürstentum Waldeck grenzt sie im Süden an den Marburger Teil von Hessen-Kassel. Hier also wurde Caspar Christian für einige wichtige Jahre sesshaft und bezog spätestens 1730 das bereits 1588 im Renaissancestil erbaute zweigeschossige Fachwerkhaus [10] unterhalb der Kirche in der heutigen Basdorfer Straße. Das Gebäude war dann aber ab 1772 für etwa 200 Jahre Pfarrhaus. Es ist das älteste Vöhler Haus und heute in Privatbesitz. [11]

Der wirtschaftlich wichtigste Ort in der Herrschaft Itter war Thalitter. Hier hatte der Oberberginspektor Ludwig Balthasar Müller (1662-1742) den Abbau von Kupferschiefern erfolgreich wiederbelebt und genoss dafür das besondere Wohlwollen des immer unter Geldnöten leidenden Landgrafen Ernst Ludwig [12] .

Caspar Ch. Teuthorn heiratete am 17. Juli 1730 Müllers jüngste Tochter, die 17 ½ jährige Philippine Johannette Elisabeth Müller (*30.1.1713). Der Bräutigam war 41 Jahre alt. Die Hochzeit wurde in der von seinem Schwiegervater erneuerten Bergkirche [13] von Thalitter zelebriert. Hierzu später mehr.

Vielleicht ist dies der Moment, einmal  auf die Funktion des Amtmannes einzugehen, und es bietet sich geradezu an, dazu das fast zeitgleich, nämlich 1732, verlegte Universal Lexicon aller Wissenschafften und Künste des Johann Heinrich Zedler[14] aufzuschlagen. Der Lexikon-Artikel ist so genau und erhellend, dass ich ihn nicht kürzen mochte:

Amtmann / Amtleute / Verwalter / Schaffner
Amman hieß bey denen Alemannis Praefectus, heut zu Tage Amtmann, bedeutet einen Vorgesetzten oder Administratorem der Oeconomie und Justiz, der im Namen des Landes-Fürsten, die Gerichten ausübet, und die Einkünffte, so der Amts-District trägt, einfordert, und hernachmals berechnet. Es bedeutet aber das Wort Amtmann, nach Unterscheid derer Orte, vielerley, und werden ihnen dahero verschiedene Namen beygeleget. Es haben aber vor denen Aemtern alle Amtsassen ihre erste Instanz, und des öffters werden deren Schrifftsassen Angelegenheiten per viam commissionis vor selbigen tractiret. Wie denn auch auf gewisse Maasse die Forst-Sachen dahin gehören, und mehrentheils mit Zuziehung eines Forst-Bedienten erörtert werden. Die unter dem Amtsbezirck passierende Verbrechen, untersuchen und bestrafen sie dergestalt, daß die Landes-Regierung solche nicht einmal zu sich ziehen darff, ausser, daß die Beamten die einlaufenden Urthel zur Confirmation an die Landes-Regierung einschicken müssen. Indessen dürffen die Beamten bey Schrifft- und Amtsassen keine Gerichts-Bestallungen annehmen.

Auf der Grundlage dieser zeitgenössischen Definition kann man die Aufgabe nun beruhigt verkürzen auf Gerichtswesen der unteren Instanz und Verwaltung des Amtsbereiches einschließlich seiner Steuereinnahmen und sonstigen Erträge. Zu einem Amt gehörten mehrere Gemeinden. (Ausführlicher in Ämter und Amtmänner).



Oberberginspektor Ludwig Balthasar Müller (1662-1746) und seine Familie

Mit der jungen Johannette Philippine E. Müller war also das siebente von neun Kindern des wichtigsten Arbeitgebers von Thalitter Frau Amtmännin in Vöhl geworden.
Was ist zu ihrer Herkunft zu sagen? Ich muss mich hier auf solche Daten und Ereignisse aus dem elterlichen und großelterlichen Umfeld beschränken, die wohl sie selbst wie dann in der Folge auch ihre Kinder geprägt haben mögen. Stichworte hierzu sind Bildung, Pfarrhaus, Unternehmervater, Wohlstand und Einfluss.

Johannettes Familie kann einige Generationen zurückverfolgt werden [15] , aber für uns ist interessant, dass ihr Großvater Sebastian Müller (1630-1705) Münzmeister in Hanau war. Dessen Erstgeborener,  der am 23. April 1662 geborene Ludwig Balthasar Müller, trat beruflich zunächst exakt in die Fußstapfen seines Vaters, d.h. er wurde wiederum Münzmeister in Hanau. Das war er auch noch im Jahre 1708 als er in die Grafschaft Waldeck reiste, um dort nach Kupfererzen zu schürfen. Diese Reise war insofern schicksalhaft, als Müller in deren Folge in die Herrschaft Itter kam, wo er sein künftiges sehr erfolgreiches Betätigungsfeld finden sollte.

Müller hatte bereits 1696 die Pfarrerstochter Ursula Maria Schmoll (1675-1730) geheiratet, deren Vater u.a. Seelsorger in Udenheim gewesen war.  Udenheim liegt in der Rheinbeuge südöstlich von Mainz.  Hierher war ihr Vater noch vor 1688, dem Beginn des Pfälzischen Erbfolgekrieges [16] , versetzt worden. Die Familie hatte durch das Kriegsgeschehen viel zu leiden. " [...] als Ihr seliger Herr Vatter von Würtzbach als Ihrem Gebuhrts-Orth/  nach Udenheim in die Pfaltz vociret wurde/ [...] dass bald darauf das frantzösische Kriegs-Wesen dort herum alles in Elend setzete/ und Ihre lieben Eltern auch bey diesen Land-Plagen den Raub des Ihrigen etliche mahl erdulten und viel Jammer und Gefahr ausstehen mußten." Um das Maß voll zu machen, starb ihre Mutter im Frühjahr 1690, kurz nachdem Ursula das 15. Lebensjahr vollendet hatte.  Diese - Ursula Sophia Storck-  war die Tochter des Amtmannes Ludwig Casimir Storck (1608 Altleiningen - 1693 Winningen). Wohl kurz darauf wurde Ursula "an die damahlige Durchlauchtigste Fürstin zu Hanau rekommandiret  [...], daselbst sehr gnädig aufgenommen und wegen Ihrer Geschicklichkeit Tugend und Frömmigkeit von Höchstbesagter Durchlauchtigsten Fürstin vor anderem Ihrem Frauenzimmer mit besonderer Hoch-Fürstlichen Huld und Vorsorge begnadiget." [17]   Dort lernte sie ihren späteren Mann kennen, und im November 1696 fand die Heirat statt.  Aus dieser Ehe gingen in 20 Jahren neun Kinder hervor.

Durch die sich zufällig ergebende Bekanntschaft mit dem Darmstädter Bergrat Brumm, der im Ittertal erfolglos Goldwäsche versucht hatte, gelangte Müller hierher, fand  nach erfolglosen eigenen Goldwäscheversuchen [18] schnell abbauwürdige Kupfererze, kurz darauf einen besonders ergiebigen alten, seit Jahrhunderten stillliegenden Schacht und begann seine erfolgreiche Bergbaukarriere in und um Thalitter.

Seine Unternehmungen wurden von Anfang an mit großem Interesse von Landgraf Ernst-Ludwig begleitet und gefördert. Dieser war wegen der seit dem 30jährigen Krieg angehäuften Staatsschulden sowie seiner aufwendig absolutistischen  Hofhaltung – Oper, Parforcejagden, Repräsentationsbauten u.a. -  in ständiger Geldnot. Als 1715 auch noch das Schloss und mit ihm große Teile der Residenzstadt Darmstadt abbrannten,  wuchs der finanzielle Druck weiter an. Der Beschluss des Landtags zu Gießen am 10. September 1715, betr. Bewilligung der Gelder für den Neubau des Schlosses in Darmstadt [19] stellt die finanzielle Not sehr anschaulich dar. Deshalb hatte der Landgraf sich bereits früh für die Goldsuche engagiert und gab auch später viel Geld für alchemistische Goldversuche aus. Die Gewinnung von Kupfer aus den ertragreichen Kupferschiefern des Ittertals war aber etwas Handfesteres. Für die 1709 gegründete Berggewerkschaft  waren 130 Kuxe gezeichnet worden, von denen Ludwig B. Müller mit 30 Stück ein knappes Viertel besaß. Mit vier Freikuxen war der Landgraf nicht nur mit 3% an dem  Unternehmen, sondern somit auch  direkt an dessen  Erträgen beteiligt[20] . Da die Ausbeute all die Jahre günstig war, flossen der Staatskasse außerdem mit dem üblichen Zehnten regelmäßig schöne Erträge zu.

Müller wurde 1709 zum Berginspektor, wenig später zum Oberberginspektor ernannt. 1712 errichtete die Berggewerkschaft eine eigene Hütte, und ab 1714 konnte bereits der Zehnt entrichtet werden. Zwischen 1715 und 1724 besuchte der Landgraf das Bergwerk insgesamt fünfmal. Die kleine Johannette erlebte also einen Landesherren zum Anfassen. 1718 wurde Müller als Geschenk des Landgrafen ein dreigeschossiges repräsentatives Fachwerkhaus errichtet, das noch heute als sogenanntes Großes Haus [21] [22] das Ortsbild dominiert. Hier wuchs die junge Johannette also auf.

1715 ließ Müller durch Ausbau einer bisherigen Kapelle die heute noch bestehende Bergkirche errichten. Von den drei Glocken tragen zwei Inschriften, mit denen Müller sich für immer in die Ortsgeschichte eingeschrieben hat. Die Inschrift der ersten Glocke beginnt:

Als das Ittr’ische Bergwerk im Flore war,
Im siebzehnhundertundfünfzehnten Jahr,
Ließ mich Herr Inspektor Müller gießen, .....

Die Inschrift der zweiten Glocke von 1722 lautet:

Die Zeit vergeht behend,
Das zeigt der Glockenschlag.
Ein jeder denk ans End,
Wer mich nur hören mag.
Mich ließ gießen Herr Oberberginspektor L.B. Müller
und dessen Eheliebste Frau Marie Ursula, geb. Schmollin.
Anno 1722.


Mitte 1730 stellten sich nicht zu übersehende Anzeichen einer schweren Erkrankung Ursula  Müllers ein. Wie in früheren Jahren sollte ein "Besuch des Wißbades" [23] (Wiesbaden) helfen, zu dem Müller seine Frau im August begleitete. Nach kurzer Besserung verschlimmerte sich aber nach der Rückkehr ihr Zustand, den auch der herbeigerufene "sehr berühmte Herr Doctor Oevelgunn" [24]   nicht nachhaltig bessern konnte.  Als sie nach über halbjährigem Leiden am 30.12.1730 55jährig starb, wurde sie mit allen Attributen barocker Prachtentfaltung, die für das Bürgertum noch schicklich waren, zu Grabe getragen. Die kleine Bergkirche, deren Inneres etwa die Größe einer mittleren fürstlichen Hofkapelle hat, muss zum Bersten gefüllt gewesen sein. Sie wird kaum mehr als die zahlreichen Familienangehörigen,  Freunde und Honoratioren gefasst haben. Wahrscheinlich musste die trauernde Bergwerksgemeinde draußen bleiben.

Auch wenn man aus heutiger Sicht großzügige Abstriche vom Predigttext und den Abschiedsbekundungen der Trauernden macht, bleibt das Bild einer gottesfürchtigen und demütigen Frau, die die Unterstützung von Armen und Bedürftigen nicht nur als Verpflichtung sah und die die Zuneigung der Dorfleute besaß. Es scheint auch klar, dass der bereits 68jährige Ludwig Balthasar Müller seiner Frau, der Mutter seiner sieben überlebenden Kinder und der Leiterin seiner Hauswirtschaft im Sinne des ganzen Hauses [25] Zuneigung und große Anerkennung zeigte. Aber darüber hinaus war dies alles für den Oberberginspektor vor allem auch die Bühne für eigene Herrschaftsentfaltung.

Davon zeugt die überlieferte umfangreiche Leichenpredigt [26] , vor allem aber die schmückende  Ausgestaltung des Kirchenraumes nach diesem Ereignis.  Vor dem Altar ließ er eine große quadratische Kupferplatte anbringen, auf der die ganze Familie in Anbetungshaltung erscheint,  darunter das Müllersche Wappen und zum Abschluss die Namen und Daten aller Familienmitglieder. Ein Wandgemälde füllt kirchenwandhoch den Raum zwischen den beiden Kirchenfenstern der Nordwand. Es wiederholt die Motive  der Grabplatte und zeigt die um den geöffneten Sarg stehende Familie. Die Familienangehörigen hatten diese Darstellung künftig immer vor Augen, wenn sie auf dem vergitterten herrschaftlichen Kirchengestühl an der Südwand am Gottesdienst teilnahmen.

Unter den innerhalb der Leichenpredigt abgedruckten zahlreichen Epicedien (Trauergedichten) findet sich auch eine Klageode der frisch verheirateten Vöhler Amtmann-Eheleute Teuthorn/Müller. Zwei Strophen daraus sollen ein Beispiel für diese Form - u.a. Personalisierung der Landschaft Itter -, geben, aber auch für das bei der Verstorbenen gesehene und oben erwähnte, in Frömmigkeit gegründete, soziale Engagement.

"Itter/ unsre Mutter stirbt!
Sollen wir die Armen fragen/
Ob sie dieser Fall gekränckt?
Doch wir hören sie ja sagen:
Ach die Hand ist eingeschränckt!
So die Hungrigen geweidet/
Und die Nackenden gekleidet.

Itter/ unsre Mutter stirbt!
Kannst du nicht den reichen Seegen/
Den du jetzo noch geniest/
Welcher/ wie ein goldner Regen/
Sich auf Land und Leut ergiest/
Ihrer Andacht mit zu schreiben?
Laß dis in Gedächtniß bleiben."

 

Ludwig Balthasar Müller hat sich mit und in der Bergkirche von Thalitter selbstbewusst ein Denkmal gesetzt. Im Kirchenbuch lautet der Begräbniseintrag für ihn:
"Anno 1746, den 3ten Febr. abends zwischen 8 u. 9 Uhr ist der Hochedelgebohrene und Hochgelehrte Herr Ludwig Balthasar Müller, Ihro Hochfürstl Durchl(aucht) von Hessen Darmstadt, Hochverordneter Ober Berginspector allhier, wie auch Hochansehnlicher Patronus hiesiger Bergkirche in dem Herrn entschlafen und den 10ten eiusd. begraben worden nachdem Er sein Alter gebracht auf 84 Jahr weniger 11 Wochen. Er hat das hiesige Bergwerk unter Gottes Seegen glücklich erschürfet und die hiesige Bergkirche, Pfarr und Schul auf sein und der übrigen Herrn Gewercken Kosten erbauet, dafür Ihn der Herr in der seel. Ewigkeit reichlich belohnen wolle." [27]

Als Caspar Christian Teuthorn 16 Jahre zuvor die Tochter Müllers zur Frau nahm, brachte die junge Braut sicher auch eine schöne Mitgift ins Haus.



Geburt der Söhne des Amtmannes Teuthorn und seine Versetzung nach Biedenkopf

Zwischen 1731 und 1735 wurden dem Paar fünf Söhne geboren. Alle erhielten eine hervorragende Ausbildung, die mit Hausunterricht begann und auf die Universität führte. Diese Erziehung wechselte 1740 den Schauplatz. Denn in diesem Jahr wurde der Amtmann Teuthorn nach Biedenkopf versetzt.

Im Jahr 1780 hatte die Stadt 5.800 Einwohner und die Zunft der Tuchmacher florierte [28]. Dies war das Umfeld, in dem die Familie für das nächste halbe Jahrhundert ihr Zentrum fand. Das Amtmannhaus stand an der Ecke Untergasse / Hintergasse, einem exponierten Grundstück an der Stelle des heutigen Hauses Hintergasse 29.[29]

An den Pfingstsonntagen der Jahre 1745, 1747 und 1749 wurde jeweils Konfirmation gefeiert, zunächst für die beiden Ältesten, dann für die Zwillinge und zuletzt für den Jüngsten.

Zu Caspar Christians Wirken im Biedenkopfer Amt ist mir bisher wenig bekannt geworden. Aber eine private Handlung ist aufschlussreich. Am 10.10.1750 immatrikulierte er seine vier ältesten Söhne gleichzeitig an der Universität Gießen, und zwar je zwei an der theologischen und juristischen Fakultät. Ich zitiere aus der Bearbeitung der Matrikeln der Universität [30]:

Teuthorn, Ludovicus Christianus [*1731], Biedenkopensis
Teuthorn, Johannes Carolus [*1732], Biedenkopensis
Teuthorn, Henricus Ernestus [*1733],
Biedenkopensis Teuthorn, Georgius [*1733], Biedenkopensis
(Fratres Germani, quorum primus et tertius theologiae, reliqui duo Juris studio consecuti sunt.)

Da die Matrikelzusammenstellung den langen Zeitraum eines Jahrhunderts umfasst, ist sicher, dass es sich bei dieser gemeinsamen Einschreibung tatsächlich um eine gleichzeitige Immatrikulation handelt. Denn es gibt keinen weiteren Eintrag. Auch die biographischen Angaben bei Strieder für Heinrich Ernst bestätigen das. Ebenso stimmt die 6 Jahre später, nämlich am 7.10.1756, erfolgte Einschreibung für den 5. Sohn

Teuthorn, Georgius Fridericus [*1735], Biedenkopensis

mit dessen eigener Lebensbeschreibung überein. Aus ihr wird auch sein später von ihm selbst bestätigter ständig kränkelnde Gesundheitszustand deutlich, der offensichtlich einen früheren Studienbeginn nicht erlaubte.

Da Caspar Christian für seine Söhne standesgemäße Berufe erwartete, ermöglichte er ihnen mit dem Studium die dafür erforderliche qualifizierte Ausbildung. Dass diese natürlich durchaus ein Privileg war, kann die Zahl der Studierenden an der Uni Gießen verdeutlichen. Im Jahr 1787 waren dort ganze 200 Studenten [31] eingeschrieben. Für die guten gesellschaftlichen und sozialen Kontakte, teils durch die Müller-Verwandtschaft bedingt, sprechen auch die Patenschaften, die für zwei seiner Söhne vermerkt sind. 1733 standen für Heinrich Ernst der Hochedelgeb. Herr SEIFFERT, Regierungsrat Giessen und Herr HOFMANN, Regierungsrath in Braunfels Pate. 1735 war für Georg Herr ESTOR Doctor u. Prof. Juris Ordinarius zu Gießen Pate. Seiffert war der Ehemann der Schwägerin des Amtmannes, Magdalena Luisa, Hofmann war der Mann seiner Schwägerin Johanna Regina Maria, beide geb. Müller. [32] Als Caspar Christian Teuthorn am 6. Oktober 1772 in Biedenkopf 83-jährig starb, hatte er seine Funktion als Amtmann über Stadt und Amt Biedenkopf fast 43 Jahre lang ausgeübt. Der Pfarrer, der den Sterbeeintrag verfasste, war sein Sohn Heinrich Ernst. Der Amtmann wurde zwischen dem Altar und dem Taufstein der Biedenkopfer Kirche begraben . Seine wesentlich jüngere Frau starb 75-jährig am 26. März 1788.



Die Universität Gießen

Zum weiteren Verständnis muss ich kurz auf die Universität  Gießen eingehen und hierzu die 1648 endgültig erfolgte Teilung Hessens in Erinnerung gerufen. 1567 war die Universität Marburg als erste evangelisch-lutherische Universität Deutschlands gegründet worden. Da Hessen-Kassel bereits am Anfang des 17. Jahrhunderts an dieser seinerzeit noch gesamthessischen Universität den Wechsel zur reformierten Kirche erzwungen hatte, gründete Hessen-Darmstadt 1607 die lutherische Universität Gießen. Sie spielt in der weiteren Entwicklung des Landes eine zentrale Rolle. Von den vier Fakultäten, Theologie, Philosophie, Jura und Medizin, spielte die Theologische Fakultät - wie in dieser Zeit üblich - die dominierende Rolle. Das hatte zur Folge, dass die theologischen  Strömungen und Lehrmeinungen des 18. Jahrhunderts an der Universität Gießen ausgetragen wurden, das akademische Leben bestimmten und von dort in alle Landesteile getragen wurden. Bis kurz vor Ende des 17. Jahrhunderts war das orthodoxe Luthertum prägend. Nachdem es allerdings bis zur Mitte des Jahrhunderts von der Strömung des Pietismus stark überdeckt worden war, hatte es ab 1730 wieder an Stärke gewonnen und setzte sich ab 1760  nochmals uneingeschränkt durch. Sein prägender aber kompromissloser Kopf und ein zäher Kämpfer gegen die Aufklärung und für den rechten Glauben war der befähigte Theologieprofessor Hermann Benner. Besonders das Jahrzehnt vor seinem Tod (+1782) ist vom Streit mit den wesentlich jüngeren Professoren der Aufklärung Carl Friedrich Bahrdt und Johann Christoph Friedrich Schulz geprägt. Ersterer musste nach den ausgesprochen polemischen Auseinandersetzungen schließlich schon 1775 das Feld räumen. Das alles bewirkte für Hessen-Darmstadt eine sehr konservative Prägung. [34]

Einer der Teuthorn-Söhne, der Biedenkopfer Pfarrer, ließ sich in diese Kämpfe hineinziehen.

Auf eine eigenartige Besonderheit des kirchlich-theologischen Bereichs in Hessen-Darmstadt sei hier noch kurz eingegangen. Ich meine die geringe Trennung von Instanzen, ja die direkte Vermischung der Zuständigkeiten von Lehre, Stellenbesetzung, Aufsicht und Kirchengericht. Aus Wirtschaftlichkeitsgründen waren die Ämter der Superintendenten, also der obersten Vorgesetzten der Pfarrer hinsichtlich der kirchlichen Lehre, jeweils mit den drei ersten Professuren der theologischen Fakultät in Personalunion verbunden. Lediglich der Metropolitan oder Pfarrkonvent war für bis zu 12 Pfarreien dazwischengeschaltet. So konnte sich eine Situation ergeben, in der der Theologieprofessor als akademischer Lehrer eines Pfarrers in dessen Berufsleben von der Entscheidung für eine Pfarre, das Urteil über dessen Lehrqualität bis zu einer möglichen Disziplinarmaßnahme Einfluss auf ihn hatte. Darüber hinaus konnte er in seiner Funktion als Superintendent und damit als Mitglied des  Konsistoriums (Schule, Krankenversorgung, Armenfürsorge) wiederum Einfluss bis in die Pfarre nehmen. Siehe Graphik (131 KB).

Diese Zusammenhänge muss man auch vor Augen haben, wenn man die theologischen Auseinandersetzungen zwischen (lutherisch) Orthodoxen und Aufklärern und ihre Exponenten in den Jahren 1740 bis 1770/80 beobachtet.



Heinrich Ernst Teuthorn (1733-1783), Pfarrer in Biedenkopf seit 1765

Heinrich Ernst Teuthorn war einer der beiden Söhne Caspar Christians,  die Spuren in der regionalen hessischen Geschichte hinterlassen haben. Er studierte von 1750 bis 1756 in Gießen Theologie, wurde 1765 Pfarrer in Biedenkopf und mischte sich zwischen 1772 und 1781 mit mehreren Schriften in den theologischen Streit ein, der in Gießen zwischen den Professoren Bahrdt, dem Vertreter der Aufklärung, und Benner, dem Vertreter des orthodox-konservativen Lagers, sowie deren jeweiligen Anhängern entbrannt war. [35]

Heinrich Ernst "wurde zu Voehl, dem Hauptorte der Hessisch Darmstädtischen Herrschaft Jtter am 9. Sept. 1733 geboren [36] . Neben noch vier Brüdern genoss Heinrich Ernst Teuthorn von geschickten Hauslehrern den besten Unterricht in den nöthigen Vorbereitungs-Wissenschaften, bis er im Jahre 1750 das akademische Leben mit dem Entschlusse antrat, sich der Gottesgelahrtheit zu widmen und bis 1756 setzte er solches in Giessen fort. Benner war es, den er sich vorzüglich zum Lehrer und Führer wählte. Ausserdem wohnte er auch den Lehrstunden, Tolls, Böhms, Wolfs und anderer bey. Nach Vollendung seiner Studien suchte er sich sowohl durch eigene Hilfe und Predigtübungen als auch durch Unterricht junger Leute immer mehr zu einem Amte vorzubereiten, stand auch verschiedene Jahre lang einer Hofmeisterstelle bey einigen Grafen vor, bis er 1769 [wahrscheinlicher 1765 gemäß Hassia Sacra, siehe FN 6] dem Rufe als Prediger nach Biedenkopf folgte. Hier widmete er sich ganz dem Dienst seiner zahlreichen Gemeinde, die Stunden aber, die ihm davon übrig blieben, dem Studieren." [37]

Biedenkopf war bereits seit 1494 Pfarrort und erhielt nach der Reformation 1526 seinen ersten evangelischen Pfarrer. [38] Hier war Teuthorn zunächst seit 1764 Adjunkt, also Hilfspfarrer / zweiter Pfarrer unter seinem Vorgänger, der das Pfarramt 31 Jahre ausgefüllt hatte. Nach dessen Tod 1765 erhielt er die Pfarrstelle, die er wiederum bis zu seinem Tod [39] am 5.1.1783 innehatte.

Sein Wirken fiel also in die Zeit der Aufklärung. Das anwachsende Wissen stellte jetzt bisher unerschütterliche Ansichten in Frage. Über die Auseinandersetzung zwischen konservativem und aufklärerischem Denken in Gießen gibt uns Rolf Haaser [40] faktenreiche Einblicke. In dem erbittert entbrannten theologisch-philosophischen Streit engagierte sich auf der konservativen Seite auch Heinrich Ernst.

1771, knappe zwei Jahrzehnte vor der französischen Revolution, war der Theologe Bahrdt als Universiätsprofessor nach Gießen berufen worden und lehrte dort bis 1775. Allerdings stieß er von Anfang an auf Widerstand der etablierten konservativen Kreise. Denn er vertrat Gedanken der Aufklärung und Ideen von Toleranz, die ihrer Zeit voraus waren. U.a. stellte er die Existenz eines leibhaftigen Teufels in Frage und interpretierte ihn lediglich als Metapher für die Idee des Bösen. So etwas musste bei seinen Gegnern absolute Entrüstung und leidenschaftlichen Widerspruch hervorrufen. Es war für sie unvorstellbar, die Bibel nicht wörtlich zu nehmen.

Die Argumentationen sind komplex. Die kürzeste Darstellung und das beste Verständnis der Ansicht der orthodoxen Lutheraner in Abgrenzung zur Auffassung der Aufklärungstheologen gibt meines Erachtens die Abhandlung Haasers auf den 43-44 Seiten seines Buches, wenn er Martin Gottfried Köster zitiert. "... wenn ich von der Göttlichkeit der Heiligen Schrift versichert bin, so muß ich mir eine Vorstellung machen, die der Schrift gemäß ist" und kann mir nicht eine "selbstbeliebige Vorstellung von irgendeiner christlichen Lehre machen".

In diesem Streit bezog Heinrich Ernst Partei auf der Seite seines Universitätslehrers Benner und bekannte sich durch seine polemischen Schriften ausdrücklich zum konservativen "orthodoxen", also rechtgläubigen Lager. Eines dieser Bücher sind die anonymen "Briefe eines reisenden Juden über den gegenwärtigen Zustand des Religionswesens unter den Protestanten und Catholicken. Herausgegeben von einem Layen=Bruder." Dritte mit einigen Briefen vermehrte Auflage, 1778. [41] Teuthorn verwendet hier den Topos des anonymen Herausgebers, der zufällig in seine Hände gelangte Briefe veröffentlicht. Es sind die Briefe eines jüdischen Händlers, der den Freunden in seiner Gemeinde die freudige Mitteilung macht, die Christen hätten sich über das Neue Testament dermaßen zerstritten, dass das Ende dieser falschen Religion bald zu erwarten sei. Dies verdanke man den "unorthodoxen" Heterodoxen.

Der Händler Abraham ben Zodek erklärt seinem Freund Jekoff dann den Unterschied zwischen Orthodoxen und Heterodoxen. Die Orthodoxen sind "verdollmetscht Männer, welche schnurgerade unseren [der Juden] heiligen Schriften folgen, außerdem aber auch alles das vor wahr halten, was in dem Evangelio des Jesu von Nazareth verfasset ist, [...] welche davon nicht abweichen weder zur Rechten noch zur Linken [.../was] sie die Augspurgische Confeßion [...] ihres obersten Rabiners, Rabbi Luthers, nennen [...]. Ihre Antipoden nennen sie die Heterodoxen. [...] sind diese glücklich und behalten die Oberhand, [...] dann können wir in unseren Synagogen das große Hallel mit Zinken, Posaunen und Cymbeln anstimmen [...] weil alsdenn wenig oder nichts, von der Religion der Christen übrig bleibet." [42] Soweit also die Ansicht des orthodoxen Lagers. Die hessischen Konservativen waren im Namen Luthers in ihren Ansichten dermaßen erstarrt, dass ein Martin Luther unter ihnen keine Chance gehabt hätte. Man muss sich das einmal vorstellen.

Heinrich Ernst lebte als Junggeselle im gegenüber der Kirche gelegenen Pfarrhaus zusammen mit seinem ebenfalls ledigen Bruder Georg Friedrich.

Bei seinem überraschenden Tod im Jahre 1783 trug sein Bruder Ludwig Christian eigenhändig in das Kirchenbuch ein: "Heinrich Ernst Teuthorn, Stadtpfarrer alhier, starb den 5ten Januar gegen 9 Uhr sehr plötzlich an einem heftigen Schlagfluß, als er eben im Begriffe war, sich zur Verrichtung des heiligen Amtes anzuschicken. Er wurde am 8ten daraufhin in der hiesigen Stadtkirche zur Seite seines entschlafenen Vaters und der künftigen Ruhestätte seiner Frau Mutter zwischen dem Altar und dem Taufstein begraben, wo dessen sterblicher Überrest dem herrlichen Tag der Auferstehung entgegenschlummert."  Er preist ihn dann in brüderlicher Zuneigung und verabschiedet sich als sein tiefgebeugter Bruder. Der Auszug aus Strieder endet: "Seine Handlungen bekräftigen die Wahrheiten des Evangeliums, das er predigte. Treu in der Freundschaft, redlich gegen jedermann, von seiner Gemeinde geliebt [...]."

Bekannte Schriften:
Teuthorn, Ernst Heinrich: 'Abgenöthigter Beweis, daß die Lehrer der Evangelischen Kirchen und Schulen besonders in Hessen, keine Mitbrüder des Herrn D. Bahrdts in Giesen, weder sind noch jemalen seyn können'. Frankfurt und Leipzig 1772.
[Teuthorn, Ernst Heinrich:] 'Briefe eines reisenden Juden über den gegenwärtigen Zustand des Religionswesens unter den Protestanten, herausgegeben von einem Layenbruder'. Gießen 1776.
[Teuthorn, Ernst Heinrich:] 'Briefe eines reisenden Juden über den gegenwärtigen Zustand des Religionswesens unter den Protestanten und Catholicken. Herausgegeben von einem Layen=Bruder'. Dritte mit einigen Briefen vermehrte Auflage. [Gießen] 1778.
[Teuthorn, Ernst Heinrich:] Briefe eines reisenden Juden über den gegenwärtigen Zustand des Religionswesens unter den Protestanten und Catholicken, und über die Auferstehung Jesu. 4. ganz umgearb. u. verm. Aufl., Gießen 1781.


Ludwig Christian Teuthorn (*1731 +vor 1795), Gießener Regierungs-Advokat

Ludwig Christian,  der älteste der Teuthorn-Söhne  wurde am 7.6.1731 in Vöhl geboren. Zusammen mit seinen drei jüngeren Brüdern besuchte er ab 1750 die Universität Gießen. Hier wurde er in die theologische Fakultät eingeschrieben, wechselte aber offensichtlich später in die juristische. Zwanzig Jahre später - 17.10.1770 -  erscheint er ein zweites Mal  in den Matrikeln, diesmal als Hofmeister für die Brüder von Truchsess, nämlich Adam Gottlob und Christian Truchsess von Wetzhausen.

Ludwig Christian wird auch in einer Belehnungsurkunde [43] aus dem Jahr 1782 erwähnt. Darin  verleiht Johann Ernst Karl v. Solms der Familie des Franz Adalbert Schenck zu Schweinsberg den Bellersheimer Hof und Ländereien zu Wohnbach als Mannlehen. Teuthorn, der zu dieser Zeit Regierungsadvokat in Gießen war, erscheint hier als Vormund für die sechs unmündigen Söhne von Franz Adalbert Schencks  verstorbenem Onkel Heinrich. [44] Eines der Mündel trägt seine Vornamen.

Die gesellschaftlichen Kontakte seines Vaters, des Amtmannes Caspar Christian Teuthorn, wirkten offensichtlich - neben den verwandtschaftlichen Verbindungen – vorteilhaft weiter. Sie hatten sich auf seine Söhne übertragen. Und so kann man wohl annehmen, dass die oben erwähnte Vormundschaft nicht ausschließlich durch seine Funktion begründet war,  sondern sogar eher einen gesellschaftlich freundschaftlichen Hintergrund hatte.  Was wir heute als Interessenkonflikt, wenigstens aber als Gefahr der Befangenheit anzusehen gewohnt sind, muss für die verschwägerten Beamten- und Pastorenfamilien, die in der Landgrafschaft Hessen [schon] im Jahrhundert nach der Reformation alle wichtigen Stellungen einnahmen [45] eine wirklichkeitsfremde Vorstellung gewesen sein.

Der Jurist Teuthorn war also für die Gießener Regierung tätig. Neben dieser gab es die Regierung Darmstadt. "Die Regierungs- und Kammerräte bildeten jeweils ein Kollegium, dem der Geheime Rat vorgesetzt war. Dessen Mitglieder waren wiederum zugleich Präsidenten der Regierungen und Richter der Revisionsinstanz, des  Oberappellationsgerichts. Natürlich lag die letztendliche Entscheidungsgewalt immer beim Landgrafen als dem Herrscher von Gottes Gnaden, dem die Geheimen Räte unterthänigste Berichte zustellten." [46]

Kostensparen, aber auch das Zusammenhalten der auseinanderliegenden Landesteile waren der Grund für diese verschlungene Organisation. Den Aufbau der Verwaltung müssen wir bezüglich der Gerichtsbarkeit später bei Georg Teuthorn noch einmal vor Augen haben.

Auch von Ludwig Christian gibt es eine kleine literarische Kostprobe. Im Mai 1774 verfasst er ein Hochzeitsgedicht auf Christiana Dorothea Klingelhöfer mit dem Titel Die beglückte Verbindung. Das Gedicht erschien in Biedenkopf und damit wahrscheinlich bei dem mit der Familie befreundetem Verleger Johann Ludwig Ickler. Klingelhöfer war der Nachfolger seines Vaters Caspar Christian Teuthorn im Biedenköpfer Amt, die Braut wahrscheinlich seine Tochter. Dieser kleine Vorgang zeigt, dass Biedenkopf auch für Ludwig Christian das familiäre Zentrum blieb und dass er hier freundschaftliche Kontakte pflegte. 

Ludwig Christian starb entweder im Jahr 1795 oder kurz zuvor. Diese Schlussfolgerung erlaubt der jüngste Archivfund. Es ist ein  Katalog seiner Bibliothek [47] , der zur am 2. November 1795 beginnenden Auktion seines hinterlassenen Bücherbestandes gedruckt wurde. Teuthorns Bibliothek wird vorgestellt, als die des Advokaten des Giessener Gerichts, die dieser "mit viel Eifer während seines Lebens gesammelt hatte". Die Auktion selbst fand nach den "gesetzlichen Auktionsvorschriften" in den Räumen der Regierungskanzlei statt.

Der Fund ist in mehrfacher Hinsicht interessant. Zunächst überrascht die  Größenordnung. Der Katalog umfasst 579 Seiten, was bei angenommenen 10 Titeln pro Seite rechnerisch 5 - 6.000 Bücher ergibt. Teuthorn hatte noch zu Lebzeiten seine Bücher katalogisiert, mit der Beschreibung der Bücher und auch schon mit dem Druck des Verzeichnisses begonnen.

Der Katalog beginnt damit, "dass in dieser ansehnlichen Bibliothek, welche Bücher aus allen Theilen der Wissenschaften enthält, sehr schätzbare und zum Theil äußerst seltene Werke befindlich sind. [...] Herr Regierungs-Advocat Teuthorn hatte sich vorgenommen, sich über diesen Punkt weitläufig auszulassen; allein der Tod ließ ihn diese Absicht nicht erreichen." Von der Qualität der Einbände gab es Franzbände, Lederrücken, Schweinsleder, Pergament, Pappe und Heftungen. Als Formate  werden Duodez, Octav-Bände, Quartanten und Folianten genannt. Eine Kommentierung der Inhalte würde den Rahmen dieser Darstellung sprengen.

Der Katalog erlaubt den Rückschluss, dass seine Biedenköpfer Brüder sicherlich ähnlich umfangreiche Bibliotheken besaßen, wahrscheinlich mit den jeweiligen Schwerpunkten Geschichte und Theologie. Man wird sich somit auch gegenseitig haben aushelfen können. Und ein Familientreffen wird sicherlich nie ohne eine Diskussion über Bücher abgelaufen sein.


Johann Karl Teuthorn (1732-1754), Student der Jurisprudenz

Er wurde als zweiter Sohn des Amtmannes Teuthorn 13.10.1732 in Vöhl geboren. 1750 hatte er zusammen mit dreien seiner Brüder die Universität Gießen betreten. Er starb jung, ohne sein Jurastudium beendet zu haben,  am 30. Januar 1754.


Georg Friedrich Teuthorn (1735-1817), Hofrat und hessischer Geschichtsschreiber

Wenn ich Georg Friedrich Teuthorn aus der geschichtlichen Distanz ansehe, begegnet mir eine aus heutiger Sicht eher unglückliche Gestalt, sicherlich aber jemand, der sich von seinen Zeitgenossen nicht verstanden fühlte und dem der große Erfolg, so wie er ihn sich wünschte, versagt blieb. Man lese nur seine eigene Lebensbeschreibung, aus der Strieder zitiert. Dort heißt es u.a. zu seiner Gesundheit: "Viele Krankheiten und eine stets wankende Gesundheit machten mir das akademische Leben höchst beschwerlich." Zur Aussicht auf Karriere und Amt: "Zwar zeigten sich mir verschiedene Aussichten zu einer Beförderung in meinem Vaterlande, allein es gefiel der Vorsehung nie, mich diejenige Wege zu führen, die ich betreten wollte." Zu seinem Erfolg als Autor fallen Worte wie "Kabale, Neid und Verfolgung", "Misgunst, unversöhnliche Feindschaften" und Sätze wie "Kaum hatte ich der Welt mein Vorhaben bekannt gemacht, eine Hessische Geschichte zu schreiben, so fieng man schon an, den erst noch künftigen Autor  hämisch durchzuziehen und auf die ungerechteste Art zu behandeln.".

Er war wohl eine schwächere Persönlichkeit als seine Brüder, aber da sein Betätigungsfeld die Geisteswissenschaften waren, gibt es zu ihm nicht nur eine, sondern vier gedruckte Kurzbiographien [48] , zwei in wissenschaftlichen Lexika und zwei weitere von Heimatforschern in Vöhl und Biedenkopf.

Ich versuche hier noch einmal eine Darstellung aus der Sicht des Familienforschers.  Dabei stütze ich mich neben Huths Aufsatz und  eigenen Recherchen auf Georg Friedrichs eigene biographische Angaben, soweit sie bei Strieder überliefert sind. Karl Huth verlässt sich im ersten Teil seines Aufsatzes aus dem Jahre 1963 ebenso auf diese eigenen Angaben Teuthorns. Für die Zeit ab 1783 hatte er aber Einblick in weitere Archivalien, u.a. in die Testamente und Akten über Nachlassauseinandersetzungen.

Aber beginnen wir am Amtssitz Vöhl. Georg Friedrich wurde dort am 10. April 1735 als fünftes und letztes Kind des Amtmannes Caspar Christian Teuthorn geboren. Bei seiner Taufe  am 14. April sind die Paten "Herr Estor Doctor u. Prof. Juris Ordinarius zu Gießen, Herr Georg Sebastian Müller, ihr [der Philippine Johanette Elisabeth, geborene Müller] jüngster Herr Bruder."

Bei der Versetzung seines Vaters nach Biedenkopf war er sechs Jahre alt. Seine "zweite Vaterstadt", wie er Biedenkopf selbst nennt, muss er sehr gemocht haben, und er verließ sie nur der Studien wegen. Auch müssen ihm sein Elternhaus und seine Familie sehr viel bedeutet haben. Er genoss dieselbe gute Erziehung wie seine vier Brüder und hatte die gleichen Lehrer. Zwar war er der jüngste, aber es war seine schwache Gesundheit, die es ihm erst 1756 ermöglichte die Universität zu besuchen. Er ging wie seine Brüder nach Gießen und legte sich "vorzüglich auf die Erlernung der Rechtsgelehrsamkeit. Kortholt, Jenichen und Koch waren darin meine Führer; Boehm aber, Mogen und Thom in den andern Wissenschaften. Von Jugend an liebte ich die historischen Wissenschaften und besonders die Geschichte meines Vaterlandes. Da aber damalen in Gießen dieses Fach nicht sonderlich besezt war, so musste ich meine Neigung mehrentheils durch eigenen Fleiß, so viel möglich, befriedigen." Er spricht dann von gesundheitlichen Problemen, geht in der Hoffnung,  dass ihm ein Aufenthalt in Marburg zuträglicher sein würde im Jahr 1761 dorthin, findet aber auch in Marburg keine Besserung und muss seine Studien bereits 1762 wieder abbrechen. "Jedoch machte ich mir die Vorlesungen des berühmten Estor [49] und einiger anderer verehrungswürdiger Lehrer, so viel ich konnte, zu nutze." 

Johann Georg Estor war 1735 der Pate Georg Friedrichs gewesen. Er hatte seine Universitätskarriere 1728 mit einer außerordentlichen Rechtsprofessur in Gießen und dem Titel eines hessen-darmstädtischen Rats und Historiographen begonnen, war im Jahr darauf ordentlicher Professor in der juristischen Fakultät geworden und stand  zur Zeit der Taufe seines Patenkindes kurz vor seiner Berufung nach Jena, mit der die "wahre Epoche seines Ruhms (Pütter)" [50] begann. Als Georg Friedrich im Jahre 1761 nach Marburg ging, war Estor bereits Primus der juristischen Fakultät, Vizekanzler der Universität und als Wissenschaftler eine europäische  Berühmtheit.

Ein frühes Detail aus Estors Vita scheint mir im Zusammenhang dieser Teuthorn-Geschichte noch interessant. Es geht um sein Verhältnis zu den Freiherren von Schenck zu Schweinsberg. Estor war früh Halbweise geworden, wurde aber von seiner Mutter für eine Gelehrtenlaufbahn bestimmt und erhielt hierzu den "ersten Unterricht von jungen Theologen, welche als Schenkische Informatoren in Schweinsberg sich aufhielten." [51] Die Zeit hierfür könnten die Jahre um 1712-1716 sein. Da Estor in Schweinsberg geboren wurde, ist eine Unterstützung durch die von Schenks durchaus naheliegend. Da es in Hessen-Darmstadt des 18. Jahrhunderts wohl offensichtlich eine  besonders ausgeprägte Symbiose von bürgerlicher Bildungselite und adeligen Landesherren zur Herrschaftsausübung gab, die - wie schon gesehen - auf bürgerlicher Seite durch ein enges Beziehungsgeflecht aus Freundschaft und Verwandtschaft abgesichert wurde, blicke ich mit Interesse auf Beziehungen, die diese These untermauern. Daher stellt sich die Frage, ob hierbei die von mir gesehenen Beziehungspaare eine Rolle spielen, nämlich, Grafen von Schenck fördern begabten Schüler/Studenten Johann Georg Estor, Estor wird als Giessener Universitätsprofessor Pate für den Sohn des Vöhler Amtmannes Caspar Christian Teuthorn,  Regierungsadvokat Ludwig Christian Teuthorn ist Vormund für sechs minderjährige Söhne des Heinrich Schenck von und zu Schweinsberg, darunter übrigens ein Ludwig Christian Schenck.

Nach dem kurzen Ausflug nach Marburg zog sich Georg Friedrich wieder nach Biedenkopf zurück und ging hier seiner Leidenschaft, der Geschichte seines Vaterlandes, nach. Selbst sagt er, "Hier lebte ich verschiedene Jahre bey meinen geliebtesten Eltern, in dem Zirkel meiner Familie und einiger auserlesener Freunde. Meine Zeit teilte ich zwischen der Vorbereitung zu einem Amte und der Befriedigung meiner Begierde, in den historischen Wissenschaften mich immer mehr umzusehen. Zwar zeigten sich mir verschiedene Aussichten zu einer Beförderung in meinem Vaterlande, allein es gefiel der Vorsehung nie, mich diejenigen Wege zu führe, die ich betreten wollte." [52] Diese Sätze entstammen natürlich einer Rückschau.

Falls Georg Friedrich - was ja auf der Hand liegt - sich in diesen Jahren 1760 bis 1772 unter Beobachtung seines erfolgreichen Vaters gefühlt und diesen als unerreichbares Vorbild gesehen haben sollte, wäre das kein unübliches Rollenbild. Allerdings wird es für ihn in diesem Jahrzehnt nicht ausgeblieben sein,  sich auch mit seinen anerkannten Brüdern zu messen, die bereits in tragenden Ämtern waren oder knapp davor standen, solche zu übernehmen. Er selbst schlug aber Angebote, wie das eines Archivars in Darmstadt, das sein Landesfürst ihm nach der "gnädigen" Aufnahme seiner hessischen Geschichte gemacht hatte, aus. Das war offensichtlich kein ausreichender Anreiz dafür, das heimische Biedenkopf zu verlassen. Bei einem Erfolg des Berufungsvorschlages zum Professor für Geschichte an der Uni Gießen, hätte sein Ehrgeiz ihn aber sicher nicht in Biedenkopf gehalten. "Die Kunstgriffe meiner Feinde aber wussten die Sache wieder rückgängig zu machen, als sie ihrer Vollendung schon ganz nahe war; und eben so ergieng es nicht lange hernach mit einer anderen akademischen Stelle."

So vertiefte er sich in sein Geschichtswerk, das zwischen 1770 und 1780 erschien. Diese elf Bände umfassende "Ausführliche  Geschichte der Hessen, von ihrem ersten Ursprunge an bis auf gegenwärtige Zeiten. Mit unparteyischer Feder entworfen." [53] ist für uns Heutige nicht mehr genießbar. Aber auch die Meinung früherer Rezensenten ist zurückhaltend.

"Sein Werk  ist  [...] der erste Versuch einer eingehenden, quellenmäßigen Bearbeitung der hessischen Geschichte; doch benutzte er leider nur gedrucktes Material, keine Archivalien, und auch von jenem stand ihm vieles nicht zur Verfügung.  Mit großem Fleiße versuchte er seine Quellen kritisch zu sichten und zusammenzustellen, beeinträchtigte aber seine an sich schon breite und gezwungene Darstellung durch die ermüdende und störende Wiedergabe aller Details der Controversen.  Außerdem ist sein Standpunkt durchaus einseitig lutherisch und darmstädtisch." [54]

"Die Geschichte Teuthorns [...] ist zu weitschweifig, zu schwulstig und zu undurchsichtig. R.W. Just hat sie mit den Worten gekennzeichnet, 'Die längste hessische Geschichte, welche noch einmal so gut sein würde, wenn sie noch einmal so kurz wäre.' " Dieses Karl Huths Aufsatz entnommene Zitat erspart mir eine eigene Wertung. Aber er fährt fort, "Doch das Werk war von einer so edlen Weltanschauung durchdrungen, dass es allseitige Anerkennung fand. Landgraf Ludwig VIII. ernannte 1771 den Verfasser zum Hofrat." Auch Landgraf Friedrich II. von Hessen-Kassel war angetan und schickte als Zeichen seiner Anerkennung eine goldene Medaille. - Die Würdigung der Landesfürsten mag Georg Friedrich Teuthorn über den ihm versagten Erfolg in einem öffentlichen Amt hinweggetröstet haben.

Immerhin haben sich spätere Autoren seiner Heimat mit ihm befasst. Aber auch bei ihren Bemühungen, seine Leistung zu würdigen, klingt vielleicht sogar unbewusst immer ein gewisser Spott durch. So bei Kloppenburg [55] : "Dieser [...] hessischen Geschichte Teuthorns ist es leider nur beschieden, in den Gestellen der Universitätsbibliothek [...] zu stehen. Auf der Innenseite des Archivexemplars [Staatsarchiv Marburg] hat ein Benutzer vor hundert Jahren die Warnung "Teuthorn, diese Quelle so vieler Irrtümer" vermerkt, die Chr. von Rommel [...] ausgesprochen hat.' " Und er fährt fort "So kommt es, dass er trotz liebvoller Vertiefung in den Stoff bei neueren Arbeiten zur hessischen Landesgeschichte nicht erwähnt wird." Auch Huth [56] verwendet in der Überschrift "Er schrieb die längste hessische Geschichte" lediglich ein Zitat, und doch klingt auch hier Spott durch. Unter dieser "Häme" hatte Georg Friedrich ja bereits zu Lebzeiten gelitten.

Wie Georg Friedrich uns schon selbst mitteilte, lebte er nach seiner Rückkehr aus Marburg zunächst noch einige Jahre bei seinen Eltern,  aber wohl spätestens seit sein Bruder 1765 Pfarrer in Biedenkopf wurde, zusammen mit diesem im Pfarrhaus. Beide  waren Junggesellen und sie verband Freundschaft und Bruderliebe [57] . Mit dem Tode Heinrich Ernsts Anfang 1783 musste Georg Friedrich "jetzt daran denken, einen eigenen Haushalt zu gründen. Schon im weiteren Mannesalter stehend heiratete er am 28. Juli 1783 Elisabetha von Rau zu Nordeck [*1747]. Mit ihr lebte er still und zurückgezogen, aber glücklich." [58]

Als Wohnung hatten sie wahrscheinlich damals das Haus in der Stadtgasse 42 erworben, das heute noch - von einer Gedenktafel geziert - als das Teuthornsche Haus bekannt ist.

1806 errichteten beide ein Testament, in dem sie bestimmten, "da [...] die Gesundheit das größte Erdenglück sei, und es der hiesigen, sehr volkreichen Stadt an einem geschickten Arzt fehlte, dass aus dem von ihnen ausgesetzten Fond nach ihrem beiderseitigen Absterben ein geschickter Arzt, der gute Zeugnisse für sich habe, von dem zeitigen Stadtpfarrer und Stadtrat hierher berufen würde, und dass dieser gehalten sein soll, ganz Arme gratis zu bedienen und die Verstorbenen, damit sie nicht lebendig begraben würden, zu visitieren." [59]

Als 1813 seine Frau starb, kümmerten sich um den über seinen Büchern fast Erblindeten sein Verleger Ickler und eine Dienerin, die er in mehreren weiteren Testamenten bevorzugt bedachte. Als er am 21. Januar 1817 in Biedenkopf starb, begannen deshalb Erbauseinandersetzungen zwischen den gesetzlichen Erben Teuthorns und seiner Frau, dem Verleger Ickler und der Stadt Biedenkopf. Als nach mehreren Jahren ein Vergleich zu Stande kam, erwies sich die Teuthorn-Stiftung trotz geminderten Kapitals letztlich über mehr als ein Jahrhundert als eine segensreiche Einrichtung, aus deren Ertrag über all die Jahre Ärzte besoldet oder ärztliche Dienste bezuschusst wurden. 1853 betrug das Stiftungsvermögen nur noch 2431 Gulden. Nach dem ersten Weltkrieg besaß die Stiftung als Grundvermögen immer noch eine Wiese und einen kleinen Acker sowie das Wohnhaus in der Stadtgasse. In diesem sogenannten Doktorhaus wohnten bis 1868 die städtischen Ärzte. Anschließend wurde es Krankenhaus, und seit kurz vor der Jahrhundertwende bis 1931 war es Wohnhaus für Krankenschwestern.

So scheint es, dass man sich in Biedenkopf an Georg Friedrich Teuthorn über lange Jahre eher wegen der andauernden Wohltätigkeit, als wegen seines Geschichtswerkes erinnerte.

Huth beendet seinen Aufsatz mit der Wertung: "Er gehörte zu jenen Männern [...], die mit viel Gelehrsamkeit, unermüdlichem Fleiß und einem kindlichen Gemüt, oft auch kindliche Unbeholfenheit verbinden, die der Welt fern stehen und ihr Leben nur in der Studierstube verbringen und manch wertloses Gestein, aber auch funkelndes Erz zur Freude der Mit- und Nachwelt fördern." Ich habe viele Seiten seiner hessischen Geschichte durchgeblättert, dabei aber kein Edelmetall gefunden, und Huth kann uns nicht mehr sagen, wo wir es besichtigen können.

Eine heute schon etwas verwitterte Gedenktafel hält am Haus Stadtgasse 42 in Biedenkopf die Erinnerung an ihn wach:

In diesem Haus lebte und schrieb eine
Geschichte der Hessen
Hofrat Georg Friedrich Teuthorn
geb. in Vöhl am 10. April 1753
gestorben in diesem Hause am 21. Januar 1817.
Gewidmet vom Geschichtsverein 1935.

Walter Kloppenburg [60] beginnt seinen kurzen Aufsatz: "Biedenkopf und Vöhl zählen Georg Friedrich Teuthorn zu den Großen ihrer Stadt oder ihres Dorfes. In Vöhl will man ihm zu Ehren an seinem Geburtshaus, der ehemaligen Amtmannswohnung, eine Tafel anbringen." Es blieb aber offensichtlich bei diesem Vorhaben. [61]
(bösartige Bemerkung zum Geschichtswerk)



Georg Teuthorn (1733-1821), Amtmann zu Burg-Gemünden

Georg Teuthorn, wurde am 8. 9. 1733 in Vöhl als Zwillingsbruder des späteren Biedenkopfer Pfarrers geboren, wuchs mit seinen vier Brüdern ab 1740 in Biedenkopf auf und betrat 1750 gemeinsam mit dreien von ihnen die Universität Gießen. Dort bereitete er sich wie sein Vater mit einem Jurastudium auf seine spätere Tätigkeit als Amtmann vor.

In dieser Funktion begegnen wir ihm in einigen Aktenstücken, die im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt (HStAD) erhalten sind. Wann Georg Teuthorn sein Amt in Burg-Gemünden angetreten hat ist nicht bekannt. Wahrscheinlich aber in dem Jahrzehnt nach dem Ende des 7-jährigen Krieges und noch vor seinem 40sten Lebensjahr, also wohl um 1770.

In seine Amtszeit fielen entscheidende Ereignisse, auf die er sich in seinem Amt einstellen musste. Was für ihn Politik war, ist für uns Geschichte. Er erlebte die französische Revolution und den Beitritt Hessen-Darmstadts zum Rheinbund, der für seinen Fürsten Ludwig X. die Erhebung zum Großherzog brachte. - In die Franzosenzeit fällt eine überlieferte Rechtsauseinandersetzung über Einquartierungskosten [62] . - 1813 änderte sich die Weltlage mit Napoleons Niederlage in der Völkerschlacht bei Leipzig wiederum. Aber als nach dem Wiener Kongress und der Gründung des Deutschen Bundes für Hessen-Darmstadt mit einer ersten Verfassung 1820 eine neue Zeit begann, brachte diese  natürlich  auch ganz wesentliche Veränderungen hinsichtlich der Verwaltung. Hiermit musste sich Georg Teuthorn aber nicht mehr auseinandersetzen. (Ausführlicher in "Ämter und Amtmänner").

Georg Teuthorn war zu seiner Zeit als Amtmann noch sowohl für die Justiz als auch für die Verwaltung zuständig. Die im Amt abgehandelten Rechtssachen betrafen die sogen. niedere Gerichtsbarkeit. Der Beklagte hatte das Recht mit seiner Angelegenheit in die Berufungsinstanz zu gehen. Diese war das Oberappellationsgericht in Gießen. 1795 trugen zwei Kaufleute Beschwerde über den Amtmann Teuthorn in Gießen vor. In dem "unterthänigsten Appellationbericht", den das Oberappellationsgericht zu diesem Vorgang an die Regierung zu Gießen abgab, bekommt man eine anschauliches Bild von dem Hergang. Die beiden Beklagten hatten sich nämlich "sehr gröblich gegen den Amtmann Teuthorn vergangen, solchen im öffentlichen Wirtshaus zu Elpenrod [gehört zum Amtsbereich] einen Rebellen und Bratzenschäber gescholten." Sie verlangten, ihren Fall "entweder dem Rentmeister Staudinger zu Felda oder einem anderen benachbarten Beamten zur rechtlichen Verhandlung und Entscheidung aller ihrer gegenwärtigen und zukünftigen Proceßen Commisionem perpetuam zu erteilen." [63]

In dem Gutachten erfahren wir auch, dass "Verunglimpfungen der Obrigkeit, welche in Schimpfen und Schmähen bestehen, bekanntlich zu den groben Verbrechen gehören, die nach Umständen mit ein- oder mehrjährigen Zuchthausstrafen geahndet werden." Wir sind noch im Hochabsolutismus.

1807 wurde Teuthorn durch eine zweiseitige Bekanntmachung vom 17.4.1807 zum Obereinnehmer [Steuereinnehmer] für das Amt Burg-Gemünden bestellt. Das muss schon vorher zu seinen Obliegenheiten gehört haben, brauchte aber möglicherweise aufgrund der politischen Änderungen [64] im nun napoleonischen Rheinbundstaat eine neue Form. Unter Punkt 7 des Dokuments wird auch seine Vergütung erwähnt, nämlich  "Für die Mühe dieser Erhebung wird ihm 2 ½ Procent von den zu
erhebenden Geldern, so wie auch die Vergütung der Geld-Transportkosten aus den Steuern zugestanden und bewilliget."

Georg Teuthorn starb am 1. April 1821. – Und das wäre es dann gewesen?

Nein, das war noch nicht alles. Aber an dieser Stelle hätte der Bericht über den Burg-Gemündener Amtmann Teuthorn tatsächlich enden müssen, hätte ich nicht über die ausgezeichneten digitalen Findhilfsmittel des HStAD eine umfangreiche Akte mit Testament [65] und Erbangelegenheit des Amtmanns Teuthorn zu Kirtorf gefunden. Dieses Material konnte ich inzwischen soweit erschließen, dass zwei bisher angenommene Amtmänner zu einem verschmolzen und sich das Lebensbild des Georg Teuthorn um Aspekte zu Vermögen, sozialer Einstellung, familiären und gesellschaftlichen Verbindungen erweitert hat,  aber auch vor allem Erkenntnisse zur Familie seiner Frau dazugekommen sind.

Sein Todestag war der Freitag vor der Karwoche. Bereits an den nächsten Tagen fanden Amtshandlungen statt. Nach dem Wochenende wurde am folgenden Montag und Dienstag die Hinterlassenschaft im Sterbehaus "absigniert" und protokolliert und Kommoden versiegelt. Zuvor hatte sich die Haushälterin – wahrscheinlich die im Testament erwähnte Demoiselle Geibel - bemüht, wenigstens einige wichtige Gegenstände des täglichen Gebrauchs vom Verschluss auszunehmen. Sie erhielt auch am 4.4.1821 eine "Bescheinigung, wonach der Weinvorrat des verstorbenen Amtmanns Teuthorn heute durch das Kirtorfer Stadtsiegel absigniert worden seie."

Bereits am Ostersamstag verfassten die Ehemänner der drei Erbinnen namens ihrer Frauen ein dringendes Schreiben an das Großherzogliche Hessische Hochverordnete Hofgericht zu Gießen, "dass dieser Act [Testamentseröffnung] sehr beschleunigt werde, ist um so mehr erforderlich, als außer einem Frauenzimmer in dem zu Kirtorf befindlichen Teuthornischen Hause keine Seele wohnt, und die freilich von Herrn Hof Rath Follenius zu Romrod bereits geschehene Absignation wohl vor unseren Antastungen, keineswegs aber gerade vor gewaltsamen in Kirtorf aber nicht ungewöhnlichem Einbruch schützen möchte."

Man kann sich das gut vorstellen. Ein reichgefülltes Haus, nur von einer Haushälterin bewohnt, die darum kämpfen muss, für den eigenen Gebrauch wenigstens Zugang zu Küchengerät und Besteck zu behalten. Unsicherheit vor Dieben, Pferdekutschenzeit und die Erben im 35 km entfernten Gießen sowie im ebenso entfernten Obermockstadt.  Erst recht verständlich wird das Drängen aber, wenn man in die drei Monate später vorgelegte 40 Seiten umfassende Inventar- und Vermögensaufstellung blickt. Diese endet immerhin – nach Saldierung mit den vorhandenen Verpflichtungen - mit dem sehr ansehnlichen Betrag von knapp 47.000 Gulden, der größte Teil davon "Kapitalien" (=Zinspapiere). Die größte Sorge war aber möglicherweise, der Fiscus könne seine Hand auf das ansehnliche Erbe legen.

Georg Teuthorn vererbte ein Zehntel seines Vermögens (Tabelle) an Familienfremde, wobei das Waisenhaus Darmstadt mit dem größten Betrag bedacht wurde. Die weiteren Zuwendungen berücksichtigten Pfarrer, Lehrer und Arme aus den Gemeinden seines Amtes mit den Zinserträgen aus den an diese  Gemeinden  gezahlten Beträgen. Der Betrag für die Haushälterin ist wohl als Beitrag zu deren Alterssicherung anzusehen. Die spannende Frage wäre die nach der Sicherheit solcher Verpflichtungen.

Wir Heutige erhalten hiermit einen kleinen Einblick in das frühneuzeitliche Sozialsystem, in dem die Fürsorge der Gemeinde oblag und von den besser gestellten Mitbürgern ein angemessener freiwilliger Beitrag hierzu erwartet wurde. Man darf davon ausgehen, dass der Privatmann sich dem nicht ohne Ansehensverlust entziehen konnte.

Die erwähnten Gemeinden veranschaulichen das Umfeld, dem Georg Teuthorn sich sozial verpflichtet sah in regionaler Ausdehnung. (Siehe Graphik)

Die Bezeichnung des Testamentsfundes mit "Amtmann zu Kirtorf" hatte, wie erwähnt, in der Vergangenheit dazu geführt anzunehmen, es gäbe neben dem Burg-Gemündener Amtmann entweder einen zweiten in Kirtorf oder er habe einen weitere Amtszeit dort gehabt. Georg Teuthorn lebte in Kirtorf aber als Pensionär. Er war Mitte 1810, knapp vor seinem 77. Lebensjahr,  in den Ruhestand versetzt worden [66] , wurde aber natürlich weiter mit seinem Titel bezeichnet. Vielleicht war das Ehepaar bereits mit Beginn des Ruhestandes dorthin gezogen, weil dies der Ort war, in dem Georgs Frau, Amalie Eleonore Seyler, sich zu Hause fühlte. Auf jeden Fall war es aber der Ort, in dem ihr Bruder bis zu seinem Tode als Amtsverweser gewirkt hatte.



Die Familie Seyler, Bruder - Nichten - Ehemänner

Man darf annehmen, dass die Familie Seyler in der Region Kirtorf, Alsfeld und Umgebung eine angesehene Familie war. Namensträger erscheinen in Kirtorf bereits im 16. Jahrhundert.

Amalie Eleonore war eine Tochter des Georg Christoph Seyler, Amtsverweser von Alsfeld. Dieser ist in seiner Funktion 1746 mit einem Siegel in einem Kaufvertrag nachgewiesen [67] .

Ihr Bruder, Friedrich Philipp Seyler [68] , war der Amtsverweser in Kirtorf. Für 1801/02 ist er auch als Konsistorialrat in Gießen erwähnt [69] . Damit haben wir ein praktisches Beispiel für die weiter oben erwähnte Verflechtung von Ämtern.

Das Konsistorium Gießen - genau wie Darmstadt - war paritätisch mit Geistlichen und Beamten besetzt, einem Superintendenten und einem Juristen als Konsistorialdirektor. Die damit von Friedrich Phillip Seyler ausgeübte Doppelfunktion war sozusagen eine  Hessen-Darmstädter Spezialität.

Da noch für 1809 eine Amtshandlung [70] des Amtsverwesers Seyler nachgewiesen ist, er aber im  Teuthorn-Testament, das im August 1819 abgefasst worden war,  als bereits verstorben erwähnt wird, muss er in den Jahren dazwischen gestorben sein. Er hinterließ drei Töchter, die alle mit angesehenen Männern aus dem Herzogtum verheiratet waren.

Diese Nichten der Eleonore Amalie Seyler – für die bereits verstorbene Amalie deren Kinder - setzten die Eheleute Teuthorn als alleinige Erben ihres ansehnlichen Vermögens ein. Die Seyler-Töchter waren Amalie, Eleonore und Wilhelmine.

Amalie war mit dem Pfarrer Münch aus Obermockstadt verheiratet gewesen.

Eleonore war die Ehefrau des Friedrich von Grolman (1774-1859), Großherzoglicher Regierungsrat/Geheimrat in Darmstadt [71] . Dieser war der Bruder des Staatsministers Ludwig Karl von Grolman(1775-1829).

Wilhelmine war mit Franz Wilhelm Stockhausen, Obereinnehmer in Romrod, verheiratet.

In der weiteren Abwicklung der Erbsache erscheinen - der Zeit gemäß – natürlich nur die Männer. Um ihre Legitimation klarzustellen, im Namen ihrer Gattinen zu handeln, fügen sie ihrer Unterschrift  jeweils den Zusatz "in uxoris nomine" hinzu.

Die Erbangelegenheit Seyler/Teuthorn ist für die Geschichte der hessischen Teuthorns ein Schlüsseldokument. Es ermöglicht den Rückschluss, dass es bereits zu dieser Zeit keine Teuthorn-Erben mehr gab. Damit starb am 1. April 1821  mit Georg Teuthorn der letzte der Teuthorns in Hessen.

 

Schlussbemerkung

Ich hatte mir die Geschichte der hessischen Teuthorns erst dann vornehmen wollen, wenn ich die "Brücke" gefunden hätte, über die  der Amtmann Caspar Christian Teuthorn aus dem thüringischen Frankenhausen, der Stadt seiner Vorfahren, nach Hessen gelangt ist. Diese Verbindung nachzuweisen, ist mir allerdings leider bisher noch nicht gelungen [72] . Ich denke aber, dass sie bei fortdauerndem Interesse an der Familienforschung und der damit einhergehenden anwachsenden Digitalisierung der Quellen doch noch sichtbar wird. Möglicherweise wird ein solcher Fund dann eher den Finderehrgeiz zufrieden stellen, als einen wesentlichen Zugewinn an Erkenntnis bringen. Ich habe mich deswegen und wegen des angewachsenen Materials bereits jetzt zu der vorgelegten Darstellung entschlossen.

Bei dem Zusammentragen des Quellenmaterials habe ich wertvolle Unterstüzung erhalten.  Hierfür möchte ich besonders danken Herrn Dr. Bingsohn Gießen,  Herrn Hartmut Klein Gießen-Klein-Linden, Herrn Volker König vom Geschichtsverein Itter-Hessenstein, Herrn Hans-Günther Möntnich Biedenkopf und Herrn Volker Wiesemann Wittmund.

 

Peter Teuthorn,  im Mai  2006


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Abbildungsnachweis

Ämter und Amtmänner ...

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FUSSNOTEN

[1] ab 1803 Kurhessen

[2] Huth, Karl: Der Landkreis Marburg-Biedenkopf, Verwaltungs-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Wetzlar[?] 1979, S. 56.

[3] Zum besseren Verständnis ist der Blick in ein historisches Kartenwerk nicht zu vermeiden. Ich empfehle dazu Bayrischer Schulbuch-Verlag: Großer Historischer Weltatlas Dritter Teil Neuzeit, S. 38/39 oder/und die Hessen-Karten unter http://www.hoeckmann.de/ (zuletzt besucht 30.11.2005).  Die beste Orientierung gibt allerdings Geschichtlicher Atlas Hessen, Karte 22 Hessen im Jahre 1789.

[4] Matrikel der Universität Jena: Teuthornius, Casp. Chns., Francohus., 8. Okt. 1711.

[5] In den Frankenhäuser Kirchenbüchern, die als Abschrift im Thüringischen Staatsarchiv Rudolstadt liegen, ist er jedenfalls nicht als Täufling verzeichnet.

[6] Strieder, Friedrich W.: Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten- und Schriftstellergeschichte seit der Reformation bis auf gegenwärtige Zeiten / Steuber-v. d. Werder / Hrsg. v. Dr. Ludw. Wachler, 1812, Band 16, S. 113.

[7] In den Universitätsmatrikeln Gießen findet sich unter dem 6.8.1726 der Eintrag <Teuthorn, Caspar Christianus, Saxo-Francohusanus, Ephorus Dominorum Comitum a Freyen Seyboltstorff>. Unter gleichem Datum eingetragenen sind <de Freyen Seyboltstorff, Carolus Fridericus, comes, natus Cassellano-Hassus und de Freyen Seyboltstorff, Wilhelmus Ludovicus, comes, natus Cassellano-Hassus>. Ein Albertus Carolus Ulricus desselben Geschlechtes ist am 1.10.1729 eingetragen.

[8] Kroeschell, Karl: Der Amtmann, Zur Kulturgeschichte des Juristenberufs, in 'forum historiae iuris' - Erste Internet-Zeitschrift für Rechtsgeschichte - http://www.rewi.hu-berlin.de/FHI/, 24.Januar 2002, Randzeichen 33-34.

[9] Die Familie Teuthorn ist etwa seit der Mitte des 16. Jahrhunderts im thüringischen  Frankenhausen (heute  06567 Bad Frankenhausen) nachgewiesen. Alle bekannten Teuthorns stammen von dort oder sind sonstwie mit Frankenhausen verbunden. Teuthorns gehörten zu den ratsfähigen Familien der Stadt. Da die Möglichkeiten in der kleinen Stadt begrenzt waren, suchten viele Familienmitglieder – vor allem auch nach einem Universitätsstudium – ihr Betätigungsfeld in anderen Regionen Deutschlands.

Die Familie ist gut erforscht, aber noch nicht abschließend dargestellt. Viele Informationen finden sich bereits unter  www.teu-net.de. Neben den hier vorgestellten „Hessischen Teuthorns“ erschien kürzlich „Der Petersdorfer Organist Gotthardt Teuthorn und seine Familie“ in Schleswig-Holsteinische Familienforschung e.V. Kiel (Hrsg.): Familienkundliches Jahrbuch Schleswig-Holstein, Jahrgang 44 - 2005, S. 104 - 113.

[10] Müller Karl: Das Amtshaus in Vöhl, in Gemeindevorstand Vöhl (Hrsg): 850 Jahre Vöhl 1144 -1994, 1994, (Druck Wilhelm Bing, Korbach), S. 38.

[11] Im Vorgarten des Grundstücks stand im März 2006 eine Tafel mit folgendem Text: "1588 im Renaissancestil als Wohnhaus des Amtmanns der Herrschaft Itter und hessen-darmstädter Regierung errichtet. Ältestes Vöhler Haus. Im 30- und 7-jährigen Krieg von Befehlshabern der Besatzungsarmeen bewohnt. 1722 [?] -1965 evangelisches Pfarrhaus, dann gemeindlicher Kindergarten. Jetzt in Privatbesitz von Herrmann Henkel." Lt. Müller (siehe vorangehende Fußnote) wurde es jedoch erst 1772 Pfarrhaus. Die Jahreszahl 1722 auf der Holztafel beruht wahrscheinlich auf einem Lesefehler der Zahlen 7 und 2.

[12] Herrschaftszeit 1678-1739. Ihm folgten 1739 - 1768 Ludwig VIII , 1768 - 1790 Ludwig IX und 1790 - 1830 Ludwig X  (seit 1806 Großherzog).

[13] Sehr gute Informationen nicht nur zur Bergkirche in Thalitter, sondern zur Geschichte aller Teile der heutigen Gemeinde Vöhl unter http://www.voehl.de/start.htm (2.12.2005).

[14] Grosses vollständiges Universal Lexicon Aller Wissenschafften und Künste, welche bishero durch menschlichen Verstand und Witz erfunden und verbessert worden, ... Halle und Leipzig,
Verlegts Johann Heinrich Zedler 1732.

[15] Siehe Ahnenliste im Anhang.

[16] 1688 -1697. Mit dem Ziel, einer Vergrößerung Frankreichs bis an die Rheingrenze, hatte Ludwig XIV. Erbansprüche auf Teile des pfälzischen Besitzes des  verstorbenen Kurfürsten erhoben und war 1688 in die Pfalz eingefallen. Zerstörung und Verwüstung traf die Zivilbevölkerung sowohl 1689 beim berüchtigten (Mieck) Rückzug der Franzosen - Politik der verbrannten Erde - wie auch 1692/93 bei ihrem erneuten Vordringen (Encarta online). Vergl. Ilja Mieck: Europäische Geschichte der Frühen Neuzeit, Stuttgart u.a., 6. Auflage 1998,  S. 273-276.

[17] HstAW 3005/2289 (12), Leichenpredigt für Ursula Maria Schmoll.

[18] In der Nähe der Scheumühle bei Herzhausen (Diesen Hinweis sowie weitere zur Tätigkeit Müllers in der Herrschaft Itter verdanke ich Herrn Volker Wiesemann, Wittmund.).

[19] Das Dokument des Staatsarchivs Darmstadt - HSTAD D 14 A Nr. 75 G 1 – stellt die „große Not und Armut der mehristen Unterthanen des Landes“ eindrucksvoll dar. Es ist im Digitalen Archiv des Staatsarchivs unter Absolutismus, Dokument 4 zugänglich.
http://www.stad.hessen.de/DigitalesArchiv/absolutismus/uebersichtabsolutismus.htm (2.12.2005).

[20] Slotta, Rainer: Der Metallerzbergbau Teil I, in Deutsches Bergbau-Museum Bochum (Hrsg.), Technische Denkmäler in der Bundesrepublik Deutschland 4, 1983, S. 327.

[21] Slotta, S.331.

[22] Brief Volkmar König : „Dieser den ganzen Ort dominierende Prachtbau diente auch in den folgenden Generationen der Familie des Berginspektors wie auch den verwandten Familien, soweit sie dort lebten, als Wohnhaus.“

[23] Leichenpredigt,  S. 37.

[24] ebd.

[25] Vergleiche Schilling, Heinz: Die Stadt in der frühen Neuzeit, München 1993.

[26] HstAW 3005/2289 (12), Leichenpredigt für Ursula Maria Schmll.

[27] Slotta, S. 333-335.

[28] Stadtführer Biedenkopf , 1995, S. 5.

[29] Nachricht von H.G. Möntnich nach der Biedenkopfer Ortschronik von 1909.

[30] Die Matrikel der Universität Gießen, zweiter Teil, 1708-1807, bearbeitet von Otfried Praetorius und Friedrich Knöpp in Bibliothek Familiengeschichtlicher Quellen, Band XI, Neustadt an der Aisch 1957.

[31] Rolf Haaser: Spätaufklärung und Gegenaufklärung, Bedingungen und Auswirkungen der religiösen, politischen und ästhetischen Streitkultur in Gießen zwischen 1770 und 1830, Darmstadt und Marburg 1997, S. 15.

[32] Unbekannter Autor: Familie Müller Thalitter in  einer nicht zu identifizierenden genealogischen Gesamtdarstellung, S. 165-170. (Kopie erhielt ich von Herrn Volkmar König, Geschichtsverein Itter-Hessenstein e.V., am 21.2.2004. Die Genealogie umfasst die Zeit von Mitte des 16. Jhs - Ende des 18. Jhs.)

[33] Dies wissen wir aus dem späteren Sterbeeintrag des Pfarrers Teuthorn, denn dieser wird ein gutes Jahrzehnt später "an der Seite seines entschlafenen Vaters" beigesetzt.

[34] Mack, Rüdiger: Pietismus und Frühaufklärung an der Universität Gießen und in Hessen Darmstadt, Gießen 1984. Zur Zeitbestimmung siehe auch, Die Matrikel der Universität Giessen, Zweiter Teil, 1708-1607, bearbeitet von Otfried Praetorius und Friedrich Knöpp, Neustadt a.d. Aisch 1957, S.12.

[35] Haaser, S. 18-51.

[36] Nach KB-Recherche Vöhl/Itter durch Herrn Volker Wiesemann vom 10.2.2004 ist das Geburtsdatum der 8. September.

[37] Strieder, Band 16.

[38] Hassia Sacra (Pfarrer- und Schulmeisterbuch) S. 201-202. Mit der Einführung des reformierten Bekenntnisses 1606 gab es einen Pfarrerwechsel durch Absetzung. Ein solcher erzwungener Wechsel erfolgte ebenfalls 1624 mit Einführung des lutherischen Bekenntnisses. Heinrich Ernst Teuthorn war der 15. evangelische Pfarrer in Biedenkopf. [Welche Form des Protestantismus herrschte von 1526 bis 1606?]

[39] Schlaganfall kurz vor dem Gottesdienst.

[40] Haaser, siehe FN 19.

[41] Siehe Quellenliste.

[42] Briefe eines reisenden Juden ... S. 16-18.

[43] StAD Best. B9 temp 1543.

[44] Diese sind: Karl Ludwig, Friedrich Georg Ludwig, Ludwig Karl, Friedrich Rudolf Ludwig, Johann Eberhard und Ludwig Christian. - Für einen weiteren unmündigen Vetter ist Christoph Balthasar Münch, ebenfalls Gießener Regierungsadvokat, Vormund. Es ist auffällig, dass eine Generation später eine im Testament des Georg Teuthorn (Bruder des Ludwig Christian) begünstigte Nichte von dessen Frau mit einem Pfarrer Münch verheiratet ist.

[45] Kroeschell, Randziffer 37.

[46] http://www.stad.hessen.de/DigitalesArchiv/index.html (5.12.2005), zitiert aus dem Kapitel Absolutismus. Vergleiche auch Karenberg, Dagobert: Die Entwicklung der Verwaltung in Hessen-Darmstadt unter Ludwig I. (1790-1830), in Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte, Band 20, S. 7-15.

[47] Teuthorn, Ludwig Christian: Catalogus bibliothecae Ludovici Christianii Teuthornii, Gissae 1795  (Staatsbibliothek Berlin, Sign. Ap 25401-1/2 - Unter den Linden). Vorblatt: Catalogus Bibliothecae quam Ludov. Christ. Teuthornius Causarum Patronus Gissensis multo studio dum viveret collegerat cuiusque publica venditio a die II. novembris MDCCXCV. Hora I-V. Gissae in Aedibus Cancellariae auctionis lege instituetur.

[48] Strieder, Friedrich W.: Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten- und Schriftstellergeschichte seit der Reformation bis auf gegenwärtige Zeiten / 16. Band, Steuber-v. d. Werder / Hrsg. v. Dr. Ludw. Wachler, 1812.  - Elektronische Allgemeine Deutsche Biographie (http://mdz1.bib-bvb.de/~ndb/adb_index.html), erstellt vom Münchener Digitalisierungszentrums der Bayerischen Staatsbibliothek. Elektronische Ausgabe des historisch-biographischen Lexikons  Die Allgemeine Deutsche Biographie (ADB),  1875 bis 1912. - Kloppenburg, Walter: Teuthorn, diese Quelle so vieler Irrtümer, Georg Friedrich Teuthorn aus Vöhl, 1735-1819, Geschichtsschreiber,  Mb 14, 1949. - Huth,  Karl: "Er schrieb die längste hessische Geschichte...", Georg Friedrich Teuthorn und sein Wirken in Biedenkopf, in Hinterländer Geschichtsblätter, 42. Jahrgang, April 1963, S. 1-2.

[49] Am 8. Juni 1699 wurde der Jurist, Historiker und Büchersammler Johann Georg Estor geboren, [...]. Estor, der zunächst in Gießen und Jena lehrte, bis er 1742 einem Ruf nach Marburg folgte, zählte in der Mitte des 18. Jahrhunderts zu den angesehensten und bekanntesten Rechtsgelehrten seiner Zeit. Zahlreiche deutsche und ausländische Universitäten, darunter Tübingen, Göttingen, Halle, Utrecht und Leiden, versuchten ihn mit hochdotierten Angeboten abzuwerben, er blieb jedoch in Marburg, wo er 1748 Vizekanzler, später Kanzler der Philipps-Universität wurde. [Estor vermachte seine seine wertvolle, mehr als 9000 Bände umfassende Büchersammlung der damals noch eher spärlich ausgestatteten Universitätsbibliothek, die damit um 2/3 anwuchs.]  Estor starb am 25. Oktober 1773 und wurde in seiner Heimatstadt Schweinsberg begraben.
(Auszug aus http://netzwerk.univie.ac.at/attr.php?size=&xid=20&nid=107&lid=1 (6.1.2006), Ludwig-Maximilians-Universität, Historisches Seminar, Abt. Geschichtliche Hilfswissenschaften.)
Vergleiche Allgemeine Deutsche Biographie (ADB), Bd. 6 S.390-392.

[50] ADB, Bd.6, S.391.

[51] ADB, Bd.6, S.390.

[52] Strieder, S.116.

[53] Teuthorn, Gerorg Friedrich: Ausführliche  Geschichte der Hessen, von ihrem ersten Ursprunge an bis auf gegenwärtige Zeiten. Mit unparteyischer Feder entworfen von G.F. Teuthorn. [11 Bände], Berleburg / Biedenkopf 1771-1780.

[54] ADB, S.616.

[55] Kloppenburg 1947.

[56] Huth, "Er schrieb ...".

[57] Strieder, S.116.

[58] Huth, "Er schrieb ...".

[59] Huth, "Er schrieb ...", zitiert unbekannte Quelle.

[60] Kloppenburg, Walter: Teuthorn, diese Quelle so vieler Irrtümer, Georg Friedrich Teuthorn aus Vöhl, 1735-1819, Geschichtsschreiber,  Mb 14, 1949.

[61] Eigener Augenschein in Vöhl März 2006.

[62] HStAD Best. G 26 A Nr. 553/6

[63] Ich gehe davon aus, dass Felda im Amtsbereich lag, und der genannte Rentmeister möglicherweise sogar ein Unterbeamter des Amtmannes Teuthorns war. Die Kläger verlangen also, ihre Rechtssachen grundsätzlich vor ihm zu verhandeln. Ein Rentmeister Staudinger wird schon 1746 in einer Beschwerde „wegen Aufheben einer auf Riedesel´schem Boden gefundenen Leiche eines Musketiers“ erwähnt (HStAD Best. E 12 Nr. 260/4).

[64] Am 1.10.1806 war die landständische Verfassung aufgehoben worden. Siehe Landtagsabschied Darmstadt 1.10.1806, STAD E 14 E Nr. 204/2.

[65] HStAD G 26 A 567/5. Das gemeinsame Testament der Eheleute Amalie Eleonore Seyler und Georg Teuthorn, in dem diese sich vor dem endgültigen Erbfall gegenseitig zu Erben einsetzen, ist am 17. August 1819 verfasst und anschließend beim Großherzoglichen Justizamt zu Romrod hinterlegt worden.

[66] HStAD Best. S 1 Nr. Nachweis T. Hier wird er übrigens als Justiz- und Rentamtmann zu Burg-Gemünden bezeichnet.

[67] HStAD Best. E 5 Nr. C:178/50.

[68] Nachweis der Vornamen in HStAD Best. E 5 Nr. C:178/50.

[69] HStAD Best. G 226 A Nr. 567/9.

[70] HStAD Best. E 5 Nr. C:178/50.

[71] HStAD Best. S 1 Nr. Nachweis.

[72] Durch Rückrechnung ab Sterbedatum ist der Geburtstag um den 1.5.1689 bekannt. Im Frankenhäuser Kirchenbuch konnte jedoch weder für dieses Jahr noch die Jahre davor und danach ein Geburtseintrag gefunden werden. Leider konnte auch eine Bestallungsurkunde zum Amtmann, von der u.U. Aufschluss zu erwarten gewesen wäre nicht aufgefunden werden.

[73] Zedler, Johann Heinrich: Universal Lexicon aller Wissenschafte und Künste, 1732.

[74] Huth 1979, S. 59.

[75] Kroeschell, Karl: Der Amtmann, Zur Kulturgeschichte des Juristenberufs, in 'forum historiae iuris' - Erste Internet-Zeitschrift für Rechtsgeschichte - http://www.rewi.hu-berlin.de/FHI/, 24.Januar 2002, Randziffer 7.

[76] Kroeschell, Randziffer 26.

[77] Kroeschell, Randziffer 28.

[78] Estor, Johann Georg: Anweisung für die Beambten und adelichen Gerichts-Verwalter in den gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtshändeln, auch zu den summarischen Processen, Marburg 1762.

[79] Kroeschell, Randziffer 33.

[80] Huth 1979, S. 60.

[81] Fuchs, Konrad u. Raab, Heribert: Wörterbuch zur Geschichte, München 1972,  6. bearb. u. erw. Aufl. 1987.


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Abbildungsnachweis

Ämter und Amtmänner ...

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