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Die Geschichte der Kieler Teuthorns beginnt mit Wilhelm Günther Teuthorn
(1807-1881). Was ihn bewegte, aus seiner Vaterstadt, dem thüringischen
Frankenhausen, gerade nach Kiel auszuwandern, ist nicht bekannt. Er hatte
das Barbier- und Chirurgenhandwerk erlernt. Es ist anzunehmen, dass ihn die
obligatorische Gesellenwanderzeit hierher führte. Auf jeden Fall wird
seine Entscheidung vorrangig berufliche Gründen gehabt haben. Vielleicht
gab auch die gegenüber den engen thüringischen Verhältnissen
größere Liberalität den Ausschlag. Der dänische König
und Landesherr Holsteins saß ja im entfernten Kopenhagen und regierte
das Fürstentum Holstein über seine dortige deutsche Kanzlei.
Jedenfalls heiratete der Chirurgus aus Frankenhausen in Kiel am 1.5.1836 die
Tochter eines verstorbenen Berufskollegen, des Kieler Chirurgen Nikolaus Nagel
(1765-1827). Das war ja ein übliches Heiratsmuster. Für die
Tochter eines Handwerksmeister bedeutete die Verbindung ihre soziale Absicherung,
für den einheiratenden Gesellen die Möglichkeit der Berufsausübung
als von der Zunft genehmigter Meister.
Die Auserwählte war Louise Charlotte Dorothea Nagel (*1809). Sie
war die einzige Tochter des Nicolaus Nagel und das vierte Kind aus seiner
zweiten Ehe mit der Dänin Charlotta Maria Flug (*1775). Zwei ihrer Brüder
waren bereits in der Jugend vestorben. Aber der älteste , Jens Otto Ch.F.
Nagel, praktizierte als Land- und Armenarzt im tondrischen Leck. Die Geschwister
hielten engen familären Kontakt, so dass es unter ihren Kindern später
sogar zu einer Kusin-Kusinen-Ehe kam.
Auf die sozialen Aspekte eines Lebens, das sich an den Zunftregelungen orientierte,
bin ich detaillierter in meinem Aufsatz "Chirurgen und Barbiere"
eingegangen (siehe Verweise). In dem Kapitel "Das
Chirurgenamt in den Familien Sibbern, Nagel und Teuthorn" habe ich
auch bereits familiengeschichtliche Zusammenhänge dargestellt, die ich
hier nicht wiederhole.
Dem Ehepaar Teuthorn-Nagel wurde 1836 sein Sohn Wilhelm Friedrich Otto
geboren. Dieser wurde wiederum Barbier, übte aber mit großer Wahrscheinlichkeit
nicht mehr Tätigkeiten der niederen Chirugie aus. Otto heiratete 1865
in Leck seine Kusine Henriette Wilhelmine Fanny Nagel. Seine Barbierstube
betrieb er in der Faulstraße 48 in Kiel. Von 1866 bis 1880 wurden
sechs Kinder geboren, nämlich:
1866 Luise, 1868 Otto, 1870 Wilhelm, 1873 Minna, 1875 Petra und 1880 Emil.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse der großen Familie müssen
beengt gewesen sein. Mein Großvater Emil schrieb aus der erinnernden
Rückschau: "Oft habe ich in meinem Leben bedauert, nur eine Mittelschule
besucht zu haben, aber es lag damals nicht so einfach für meine alten
Eltern." Und an anderer Stelle: "Da wollte ich auch recht bald verdienen,
meinen alten Eltern helfen und tat es auch, indem ich meinen Briefen aus Amerika
1 bis 2 Dollar beifügte."(TeuArch-B1003)
Gegen Ende der großen Auswanderungswellen erhofften also auch die Kieler
Teuthorns eine leichtere Zukunft in Amerika. Zwischen 1890 und 1894 wanderten
nacheinander vier Geschwister von Kiel nach Amerika aus und
siedelten sich zunächst in Chikago an. Der jüngste Bruder, Emil,
folgte ihnen 1895, wanderte aber vier Jahre später nach dem damaligen
Deutsch-Südwestafrika weiter. Von dort kehrte er nach dem Verlust
der Kolonie an die Briten 1919 gegen seinen Willen nach Deutschland zurück
und siedelte sich in Greifswald, Vorpommern, an.
Für die Chicagoer Teuthorns wurde es auf jeden Fall eine fruchtbare Zukunft,
wie der graphische Stammbaum
- ausgehend von ihrem Vater, Wilhelm Friedrich Otto - anschaulich zeigt.
Wie hatten die Teuthorns in Kiel gelebt? In meiner Darstellung Kiels gehe
ich dieser Frage nach und versuche einen Eindruck vom Leben in der Stadt in
der Zeit des langen 19. Jahrhunderts zu geben. Das Kapitel Städtisches
Leben in Kiel illustriert auch das Stadtviertel mit der historischen Faulstraße,
in der die Familie zu jener Zeit lebte.
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